Mönchengladbach Mit Sonnenbrillen im Bluesmobil

Mönchengladbach · Die Film-Legende "The Blues Brothers" auf der Bühne: Am Theater Mönchengladbach inszeniert Schauspieldirektor Matthias Gehrt ein Kult-Spektakel mit viel Live-Musik. Adrian Linke und Paul Steinbach begeistern als brüderliches Gaunerpaar Elwood und Jake.

Reis wird nicht geworfen, auch kein Klopapier, die Herren tragen weder Strapse noch stöckeln sie auf High Heels herum — mit dem Rummel um "The Rocky Horror Show" kann die neuerliche Musikproduktion im Schauspiel nicht mithalten. Dennoch ist auch der Rhythm'n'Blues-Klassiker "The Blues Brothers" Kult. Zur Premiere der Theaterfassung mit dem sperrigen Titel "Blues Brothers — Unterwegs im Namen des Herrn" jedenfalls haben einige Zuschauer in schwarzen Schlapphüten, dunklen Sonnenbrillen und sogar angeklebten schwarzen Koteletten ihren Spaß.

Fernlenk-Autos auf der Bühne

Und das ganze Publikum liebt die Songs, die als Ikonen in die Musikgeschichte eingingen: "Everybody needs somebody" oder "Gimme some lovin'" und wie die Titel alle heißen. Man klatscht, pfeift, johlt. Matthias Gehrt, Schauspieldirektor des Theaters, macht aus seiner alten Liebe zu dem Blues-Revival der 70er, dem Roadmovie mit dem phänomenalen Komiker-Duo Dan Aykroyd und John Belushi, eine Tugend.

Seine Theaterfassung, die er eigenhändig inszeniert, verzichtet gänzlich auf das Tempo und die anarchistische Trash-Kultur des Films, in dem unter anderem Dutzende Autos geschrottet werden. Statt rasanter Ortswechsel präsentiert Gehrt dem Publikum eine finstere Hinterhofmauer-Einheitsbühne (Gabriele Trinczek), statt Raserei im Blues-Mobil gibt's Ohrenkino mit winzigen Fernlenk-Autos.

Dass derart reduzierter Ausstattungs-Aufwand dennoch funktioniert, liegt daran, dass die wohl allermeisten Zuschauer den Film im Kopf haben und auf Bühnenreiz hin die Bilder, die Stimmung, letztlich ihre Jugend assoziieren. Und dann kann so ein kleines Auto, neben dem die beiden Hauptdarsteller stehend und ruckelnd so tun, als rasten sie durch die Gegend, ganz lustig sein.

Adrian Linke und Paul Steinbach machen ihre Sache cool. Als ungleiches Brüderpaar, das trotz krimineller Vorlieben mit der alten Band binnen weniger Tage auf ehrliche Weise 5000 Dollar für ihr altes Waisenhaus auftreibt, sind sie eine Wucht. Perfekt choreografiert rattern sie durch die Gegend, fügen sich prima ein in die tanzende und singende Truppe, die in wechselnder Garderobe ihre Reise durch die Welt begleitet. Tolle Arbeit leisten die Statisten, von denen etliche sich bestens bewegen können.

Wirklich lustig ist auch das übrige Personal dieser Bühnenshow, für deren Darstellung etwa Esther Keil abwechselnd in die Rolle einer Nonne (Pinguin), einer Bardame oder einer Country-Club-Besitzerin schlüpfen muss. Wie sie mit dem ausgestopften Allerwertesten wackelt — sensationell.

Wir erleben Joachim Henschke in wunderbar grantelnden Rollen mit rauchigem Stimmeinsatz, schmunzeln über ein deppertes Cop-Duo (Cornelius Gebert und Felix Banholzer), wundern uns über die vielen Gesichter des Bruno Winzen und zucken zusammen, wenn Marianne Kittel als so süße Carrie andauernd mit dem Maschinengewehr herumballert. Für Musik sorgt live die Willi-Haselbek-Band. Auch da mag man sich an den Film erinnern. Das Publikum klatscht mit, singt mit, applaudiert am Schluss stehend.

(ark)
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