Mönchengladbach Mit dem Rolli in den Bus

Mönchengladbach · Drei Rollstuhlfahrer und zwei Frauen, die auf den Rollator angewiesen sind, kamen zum Einsteige-Training. Eingeladen hatte dazu der Sozialverband VdK, der sich für Null Barrieren in Mönchengladbach einsetzt.

Die hinteren Bustüren sind geöffnet, die Rampe aufgeklappt. Jetzt ist Martha Brockes dran. Die 82-Jährige schiebt ihren Rollator langsam über den Bürgersteig, die Rampe hoch, rein in den Bus. Drinnen dreht sie und kommt dann lächelnd wieder raus. "Das ist ja eine tolle Sache", sagt die Seniorin. "Da könnte ich ja doch mal mit dem Bus in die Stadt fahren." Martha Brockes macht beim Training der NVV für Rollstuhl- und Rollatorfahrer mit, in dem die Teilnehmer den Busein- und ausstieg üben. Seit fünf Jahren ist sie auf ihren Rollator angewiesen, mit dem Bus fuhr sie in der ganzen Zeit aus Unsicherheit nicht. "Aber bald will ich das auf jeden Fall testen", sagt sie.

Raus aus den eigenen vier Wänden

Drei Rollstuhlfahrer und zwei Frauen mit Rollator sind zum Training am Bussteig 3 gegenüber des Rheydter Hauptbahnhofs gekommen. Karin und Albert Sturm vom Sozialverband VdK hatten die Idee. "Es soll eine Hilfestellung für Menschen mit Behinderung sein. Damit sie den Mut fassen, aus den eigenen vier Wänden herauszukommen", erzählt Karin Sturm. Sie und ihr Mann haben das Projekt "Null Barrieren in Mönchengladbach" initiiert, mit dem sie darauf aufmerksam machen möchten, welche Schwierigkeiten mobilitätseingeschränkte Bürger haben.

Albert Sturm weiß, wovon er spricht: Der 56-Jährige sitzt seit 2003 im Rollstuhl. Ab und zu fährt er Bus, um zu testen, wo die Schwachstellen in der Barrierefreiheit liegen. "Am Europaplatz ist zum Beispiel der Bordstein sehr schmal, da muss man schräg in den Bus fahren", erzählt er. Um in den Bus zu gelangen, ist er auf Hilfe angewiesen: Denn die einen Meter breite und 90 Zentimeter lange Rampe muss drinnen von jemandem ausgeklappt werden. Nicht immer mache das der Busfahrer, haben Sturm und Rollatornutzerin Sabine Strickel erfahren. Beide haben es auch schon erlebt, dass sie gar nicht erst zusteigen konnten, weil der Bus keine Rampe hatte. "Da fühlt man sich richtig ausgegrenzt", sagt Albert Sturm.

Das soll sich jedoch ändern: "140 von 205 unserer eingesetzten Busse sind schon umgestaltet", berichtet Michael Palumbo vom Verkehrsmarketing der NVV. "Im Sommer werden weitere 15 ersetzt, in drei bis vier Jahren sollen alle Busse Rampen haben", ergänzt er. Der blaue Aufkleber mit weißem Rollstuhlfahrer vorne auf dem Wagen und links neben der hinteren Tür verweise darauf, dass ein Bus eine Rampe hat. Palumbo führt durch das Rolli-Training unter nicht ganz realen Bedingungen: "Normalerweise hat man Zeitdruck, muss schnell in den Bus", sagt Rollstuhlfahrer Günter Klein. Diese Angst vor der Hektik hielt ihn bis jetzt immer davon ab, Bus zu fahren. "Aber jetzt, wo ich weiß, wie leicht das mit der Rampe funktioniert, werde ich das mal versuchen", kündigt der 70-Jährige an. Vielleicht kurvt er dann also demnächst zusammen mit Martha Brockes in der Linie 23 durch die Stadt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort