Mönchengladbach Missbrauchsprozess: Zeugin belastet angeklagten Vater

Mönchengladbach · Ein 48-Jähriger soll 2002 und 2008 seinen Sohn vergewaltigt haben. Vor dem Mönchengladbacher Landgericht kamen gestern neue Details ans Licht.

Als die Betreuerin gestern im Prozess vor der Ersten Strafkammer des Mönchengladbacher Landgerichts aussagte, wurde es im Gerichtssaal A 128 auffallend still. Die Zeugin berichtete von ihren Kontakten mit dem inzwischen 20 Jahre alten Sohn und der Familie des Angeklagten (48). Der Staplerfahrer soll seinen Sohn im Sommer 2002 und im August 2008 sexuell missbraucht und vergewaltigt haben.

Der 48-jährige Mann auf der Anklagebank, mit beträchtlichem Abstand zum Verteidiger, wirkte gefühllos, als ginge ihn das Ganze nichts an. Doch die Betreuerin machte mit ihrem Bericht klar, dass es sich in diesem Landgerichtsprozess um eine schreckliche Anklage handelt. An dem inzwischen 20 Jahre alten Sohn soll sich der Vater bereits vergriffen haben, als der Junge fünf oder sechs Jahre alt war. Konkrete Taten benannte die Staatsanwältin allerdings nur für die Jahre 2002 und 2008.

Der Sohn habe sich ihr meistens mit distanzierten Hinweisen und Andeutungen anvertraut, erinnerte sich gestern die Betreuerin. Aber er sei therapiebedürftig. Als Junge sei der Sohn unter anderem als Schul-schwänzer aufgefallen. "Auf mich machte er immer den Eindruck eines missbrauchten Kindes", so die Betreuerin gestern im Gerichtssaal. Seit der 20-Jährige den Vater bei der Polizei angezeigt hatte, habe er den Angeklagten nie wieder "Vater" genannt.

Ein Bruder des 20-Jährigen, der sich selbst als Opfer des 48-Jährigen bezeichnete, habe von einem bemerkenswerten Vorfall im Wohnzimmer der Familie berichtet, ergänzte die Betreuerin. Als der Angeklagte nach Hause gekommen war, saßen Kinder der Familie vor dem Fernseher. Aus Angst vor dem Vater habe der Sohn dafür gesorgt, dass die kleineren Geschwister das Wohnzimmer aus dem geöffneten Fenster verlassen konnten.

Gestern wurde auch bekannt, dass der Angeklagte zunächst mit einer Verfahrenseinstellung davon gekommen war. Einer Glaubwürdigkeitsgutachterin hatte der Sohn zunächst keine Einzelheiten der Übergriffe des Vaters mitgeteilt. Nach Beratung durch die Nebenklägerin offenbarte sich das Opfer mit Details. "Der Sohn wollte sich befreien", meinte dazu gestern die Betreuerin. Sowohl sie als auch das Jugendamt kannten seit Jahren die Familienverhältnisse des inzwischen geschiedenen Angeklagten.

Ein älterer Bruder des Sohnes machte gestern von seinem Aussageverweigerungs-Recht Gebrauch. Aber der Sohn musste sich gestern den Fragen der Prozessbeteiligten stellen. Die Öffentlichkeit und der Angeklagte selbst mussten den Gerichtssaal verlassen. Der Angeklagte konnte die Vernehmung seines Jungen aus einem Nebenzimmer über eine Videoanlage verfolgen.

Der Angeklagte hatte zu Prozessbeginn zunächst unbeeindruckt erklärt: "An den Vorwürfen ist nichts dran". Erst, als ihn der Kammervorsitzende auf eine bereits erfolgte Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs einer Nichte hinwies, erklärte sich der 48-Jährige widerwillig bereit, unter Ausschluss der Öffentlichkeit auszusagen. Der Prozess wird fortgesetzt.

(RP)
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