Mönchengladbach Mexiko zu Gast im Theater

Mönchengladbach · Mit dem Stück "Ya Basta!" setzt das Theater sein vor drei Jahren begonnenes Konzept "Außereuropäisches Theater" fort. Am 8. September ist die Uraufführung des zivilisationskritischen Schauspiels des mexikanischen Autors, Theaterleiters und Regisseurs Jorge Angeles.

 Bei einer Probe für "Ya Basta!" (noch nicht im Kostüm) von links: Helen Wendt, Cornelius Gebert und Felix Banholzer im Theaterstudio.

Bei einer Probe für "Ya Basta!" (noch nicht im Kostüm) von links: Helen Wendt, Cornelius Gebert und Felix Banholzer im Theaterstudio.

Foto: Matthias Stutte

Der Mann fällt auf — sogar im Theaterbetrieb: Mit Fliegerweste, Jeans-Jacke, langem schwarzen Haar und Kinnbart, den Hals von einem leger umgeworfenen Palästinenser verdeckt, sitzt Jorge Angeles uns beim Gespräch gegenüber. Er spricht Spanisch und Englisch, aber bei der Matinee im Theater helfen Dramaturgin Barbara Kastner und die Dolmetscherin Marie-Belle Marquez dafür, dass die Zuschauer im Theatercafé Linol begreifen, worum es dem 51-jährigen Mexikaner geht.

Reise in die Indianerdörfer

"Ya Basta!" betitelt der "Mestizo" (Angeles über sich) mit indigenen (indianischen) Wurzeln sein zivilisationskritisches Endzeitstück, das am Samstag seine Uraufführung im Theaterstudio erleben soll. Das bedeutet so viel wie "Es reicht!" oder "jetzt ist Schluss!". Schluss soll sein mit der Hegemonie der westlich geprägten Weltordnung, zumindest mit dem Kolonialismus, der für Angeles längst nicht ad acta gelegt ist. Um "Ya Basta!" zu entwickeln, hat sich der Autor und Leiter des indigenen Teatro Rabinal in seiner Heimatstadt Guadalajara viel Mühe gemacht.

So ist er in die Dörfer des Maya-Volks Tojolabal gegangen, um dort etwas über die überlieferten Tänze, Sagen, Mythen und indigenen Gebräuche der Eingeborenen zu erfahren. Daraus sind sowohl das nun vor der Uraufführung stehende Stück "Ya Basta!" geworden als auch das Tanzstück "Toca la Tierra". Im Anschluss an die Premiere haben die Theaterbesucher die "einzigartige Gelegenheit" (Barbara Kastner), diese Aufführung zu erleben, an der auch Jorge Angeles als Darsteller selbst mitwirkt. Dazu findet der Regisseur pathetische Worte: "Es ist möglich, dass mehrere indigene Rassen verschwinden. Aber sie sollen nicht vergessen sein. Wir können dann sagen: Wir waren hier — sogar in Deutschland!"

Der Aufruf "Ya Basta!" ist für den kämpferischen Mexikaner Angeles auch ein Schlachtruf zur Befreiung. Damit knüpft er an den mexikanischen Revolutionsführer Emilia Zapata (1879—1919) an. Dessen Leben hat 1952 Meisterregisseur Elia Kazan mit Marlon Brando in der Hauptrolle verfilmt. Die zapatistische Bewegung hat ihren geografischen Schwerpunkt im Bundesstaat Chiapas. Die Zapatisten gelten als Globalisierungsgegner.

Drei Personen treffen in "Ya Basta!" aufeinander: ein deutscher Akademiker, ein Migrantensohn und eine mexikanische Medizinfrau indianischer Herkunft. "Sie sind nach einer Katastrophe, nach der Zerstörung der Welt, übriggeblieben und diskutieren nun darüber, wie es zu der Situation gekommen ist", erläutert die Dramaturgin Barbara Kastner. Die Akteure Helen Wendt, Cornelius Gebert und Felix Banholzer haben ihr wortkarges Spiel mit starken Gesten von symbolischer Kraft aufzuladen. Davon boten sie in der Matinee eine Kostprobe. Das zeigte sich in einer Szene, in der Helen Wendt auf Deutsch und Felix Banholzer auf Spanisch ein Gedicht von Jorge Angeles vortrugen. Dabei spielten tänzerisch-pantomimische Bewegungen, überhaupt körperliche Präsenz eine große Rolle.

(RP/rl)
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