Ratssondersitzung in Mönchengladbach Mehrheit im Rat gegen Neubau der Bücherei

Mönchengladbach · Der Bücherei-Neubau in Mönchengladbach ist gegen die Stimmen von Grünen und Linken abgelehnt. CDU, SPD, FDP und FWG stimmten am Dienstagnachmittag gemeinsam dafür, dass die Kosten für die Brandschutzsanierung, energetische Sanierung und Erweiterung der Bücherei an der Blücherstraße bis Juli ermittelt werden.

Stimmen zum Ampel-Aus in Mönchengladbach
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Der Rat der Stadt Mönchengladbach hat am Dienstag in einer Sondersitzung mit einer Mehrheit aus CDU, SPD, FDP und FWG für eine Aufhebung der Beschlüsse vom März gestimmt. Nach CDU und FWG waren am Dienstag auch SPD und FDP gegen den Neubau der Stadtbücherei. Allein Grüne und Linke hielten an dem Neubau-Plan fest.

Sanierungskosten sollen ermittelt werden

Uneinigkeit herrscht noch darüber, ob der jetzige Standort an der Blücherstraße nur saniert oder auch erweitert wird. Der Rat beauftragte daher die Verwaltung, bis zur Sommerpause (3. Juli) Berechnungen zum notwendigen Brandschutz und zu den Kosten für eine energetische Sanierung und einen Erweiterungsbau der Bücherei an der Blücherstraße aufzustellen. Dabei sollen auch die Auswirkungen der drei Handlungsoptionen auf den Haushalt und den Haushaltssanierungsplan aufgezeigt werden. Die Kosten für die notwendigen Brandschutzmaßnahmen wurden mit rund 1,8 Millionen Euro beziffert. Sie sind zwingend erforderlich, weil das 1967 errichtete Haus nur noch bis Ende 2016 eine Betriebserlaubnis hat. "Wir setzen uns sukzessive mit den Zahlen der Bauverwaltung auseinander. Auch die Sanierung erfordert Investitionen. Wie das haushaltstechnisch zu bewerten ist, ist noch zu klären", sagte Kämmerer Bernd Kuckels.

Bude will erforderliche Brandschutzmaßnahmen prüfen

In der Ratssondersitzung waren vor allem die Arbeit der Verwaltung und die Aussagen zu den Kosten für die Pläne zur Bücherei kritisiert worden. Dazu sagte Oberbürgermeister Norbert Bude: "Ich gehe auch durchaus selbstkritisch damit um, dass wir viel Zeit gebraucht haben, um im vergangenen Jahr die Standorte für die Bücherei zu untersuchen." Vorwürfe - zu lange im luftleeren Raum diskutiert zu haben, wies Bude indes zurück. "Wir sind am 13 März aufgefordert worden, bis zu den Sommerferien die Kosten für den Neubau in der Oberstadt zu untersuchen. Dynamik in die Sache ist durch das angekündigte Bürgerbegehren gekommen. Die Bürger haben Anspruch auf eine Kostenschätzung. Daran haben wir gearbeitet. Wenn der Rat die Ratsbeschlüsse aus dem März aufhebt, dann heißt das: Wir gehen zurück auf Los." Im nächsten Schritt müssten dann die erforderlichen Brandschutz-Maßnahmen im Gebäude an der Blücherstraße geprüft werden.

Überblick der Stellungnahmen der Fraktionen

In der Zeit von 15.30 bis 16.30 Uhr liefen die Stellungnahmen der Fraktionen in der Sondersitzung des Rates. Dabei erläuterten die Sprecher ihre Pläne für den Umgang mit der Bücherei und äußerten sich zur Zukunft der politischen Zusammenarbeit in Mönchengladbach. Lesen Sie hier die Stellungnahmen der Fraktionen:

FWG unterstützt Aufhebung der Beschlüsse

Die FWG sprach sich im Rat für einen Bürgerratsentscheid aus und kritisierte die Arbeit der Verwaltung. Bernd Püllen (FWG) sagte: "Es ist beschämend. Wer das genau liest, entdeckt plötzlich Hinweise auf ein Raumprogramm, Grundrisse. All das hat in den öffentlichen Sitzungen nie eine Rolle gespielt. Für uns ist es keine Überraschung, dass der Neubau unwirtschaftlich ist. Umfallen wird jetzt noch als gelebte Demokratie verkauft. Das ist eine Unverschämtheit und kaum zu überbieten. Das Ziel ist erreicht, immenser Schaden abgewendet. Wenn es jetzt eine Mehrheit für die Aufhebung der Beschlüsse gibt, spricht das für sich."

Stellungnahme der Grünen

Grünen-Fraktionsvorsitzender Karl Sasserath räumte zunächst das Scheitern der Ampel ein: "Eines hat diese Auseinandersetzung doch gezeigt: Es lohnt sich Auseinandersetzungen zu führen, die an Grundfragen unserer Politik rühren. Warum sind in Duisburg und Münster Bücherei-Neubauten problemlos gelaufen? Die Ampel und die Verwaltung haben in der öffentlichen Kommunikation Fehler gemacht. Die Zeit hat uns eingeholt: Stuttgart 21, der Berliner Flughafen, die Hamburger Oper - auf dieser Folie ist die Diskussion gelaufen. In Zukunft werden hier andere stehen, die es schwer haben werden, Bauprojekte umzusetzen."

Zur Bücherei sagte Sasserath: "Der Platz an der Blücherstraße reicht nicht. Die Diskussion ist noch lange nicht zu Ende. Bibliotheken haben auch soziale Funktion", betonte er. "Wir sehen keinen Anlass, von unserem Beschluss abzurücken", ergänzte Sasserath.

Stellungnahme der SPD

"Ich habe eine kurze Nacht und einen Tag mit voller Hektik hinter mir. Darum habe ich keine perfekt ausformulierte Rede", sagte Beine zu Beginn seiner Erklärung im Rat. Den mangelnden Rückhalt der Bevölkerung zu den Bücherei-Plänen sieht er im Zahlen-Verwirrspiel der letzten Wochen begründet. "Immer wieder kamen neue Zahlen", so Beine. Dabei habe man noch immer keine Aussage darüber treffen können, welche Auswirkungen der Bücherei-Neubau auf den städtischen Haushalt gehabt hätte. "Wir sind nach wie vor der Meinung, dass es gut ist, in Bildung zu investieren. Man kann nicht einfach zwei Millionen 25 Millionen gegenüberstellen. Es kann durchaus sein, dass die neue Bücherei für den Haushalt günstiger ist. Ich weiß es leider immer noch nicht, weil ich die Zahlen ja nicht habe", erklärte der SPD-Fraktionsvorsitzende.

SPD für Sanierung der Bücherei

Beine bedauerte, dass es keinen Bürgerentscheid geben werde, favorisierte aber zugleich die Sanierung der Bücherei an der Blücherstraße: "Die SPD will hier und heute keine Schnellschüsse. Lasst uns nach diesen hektischen Stunden zurückfahren und genau überlegen, wollen wir nur Brandschutz, oder auch energetische Sanierung. Das haben wir an vielen anderen Stellen sinnvollerweise gemacht. Und auch über einen Erweiterungsbau sollte man nachdenken. Darum möchten wir den Antrag der CDU in einem Punkt ergänzen: Wir wollen die verschiedenen Modelle zur Zukunft der Bücherei an der Blücherstraße bis zum Sommer berechnen. Wir wollen weiter eine bestmögliche Bücherei."

Eine gute Zusammenarbeit mit den anderen Ratsmitgliedern trotz wechselnder Mehrheiten hält Beine nach dem Scheitern der Ampel-Koalition für möglich. "So schwierig die Gespräche letzte Nacht auch waren, wir können uns weiter in die Augen schauen", sagt er am Dienstag. "Die wichtigste Entscheidung, die wir getroffen haben, ist der Haushaltssicherungsplan. Wir wären ohne diesen nicht mehr handlungs- und zukunftsfähig gewesen. Ab heute hat jedes Mitglied im Rat Verantwortung für den Haushaltssicherungsplan. Ab jetzt tragen wir gemeinsam die Verantwortung."

Stellungnahme der CDU

"Tatsächlich ist der Planungsdezernent ständig mit neuen Zahlen um die Ecke gekommen. Herr Oberbürgermeister, ich habe nicht den Eindruck, dass Sie uns die wahren Zahlen transparent und offen mitteilen lassen wollten", sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Hans Peter Schlegelmilch und kritisiert - wie auch schon Lothar Beine - den Umgang mit dem Zahlenmaterial zum Bücherei-Neubau. Einen Ratsbürgerentscheid hält Schlegelmilch nicht für notwendig. Vielmehr beantragte er, Vorschläge für das weitere Vorgehen an der Blücherstraße zu sammeln.

Dr. Anno Jansen-Winkeln (FDP) sagte zu den Themen Bücherei und Ampel-Koalition: "Es gibt gute Gründe für den Bücherei-Neubau. Aber die Macht ist uns vom Volk nur geliehen. Wir haben viele Gespräche mit Bürgern geführt. Wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen. Wir haben den Schlusspfiff gehört." Die Bürger hätten das Thema Stadtbücherei angepfiffen und sich mit der Konsolidierung der Finanzen für einen anderen Schwerpunkt entschieden. "Ich bin positiv überrascht davon und lieber einsichtsfähig als dämlich. Es wäre Schwachsinn, die Bürger an die Urne zu bitten", erklärt Jansen-Winkeln. Die Stadtfinanzen seien auf dem richtigen Weg.

Außerdem bedankte sich ­Jansen-Winkeln für die konstruktive Zusammenarbeit in der Ampel-Koalition: "Diese Koalition hat Mönchengladbach ein Stück nach vorne gebracht." Er räumte jedoch ein, dass sich Gemeinsamkeiten beim Projekt Stadtbücherei verbraucht hätten.

FDP schlägt Bücherei-Sanierung vor

Zu den Plänen für die Bücherei äußerte sich die FDP zum Sanierungsplan: "1,8 Millionen für den Brandschutz reichen. Eine Auslagerung ist nach Meinung des Baudezernenten nicht nötig. Wenn man Geld nicht ausgibt, das man nicht hat, ist das kein Reiz, sondern Realismus. Lassen Sie uns gemeinsam auf den Bürger hören."

Mit diesem Argument zeigte sich Helmut Schaper (Die Linke) nicht einverstanden: "Die Frage des Geldes kann nicht alleine darüber entscheiden, ob der Neubau vernünftig ist oder nicht. Warum sollen wir viel Geld in die Bücherei an der Blücherstraße stecken, obwohl der Bau dann weiter problematisch ist und den neuen bibliothekarischen Standort nicht erfüllt. Die Bücherei ist einfach zu klein. Das ist nicht nachhaltig", argumentiert Schaper am Dienstagnachmittag.

Viele interessierte Bürger

Die Besuchertribünen waren zur Sondersitzung des Rates besser gefüllt als sonst. Das Thema Stadtbücherei hat die Bürger in den vergangenen Wochen stark bewegt. Noch nicht bei allen hat sich die Nachricht herumgesprochen, dass die Ampel-Kooperation am Streit um die Stadtbücherei gescheitert ist und in Mönchengladbach keine neue Bücherei gebaut wird.

Schon in der Nacht zu Dienstag hatten die Ratsmitglieder zusammengesessen: Während die Grünen die Entscheidung über einen Neubau der Bücherei in Mönchengladbach aufschieben wollten, plädierte die SPD für einen sofortigen Ratsbürgerentscheid - auch vor dem Hintergrund, dass mit dem Verkauf der Bleichweise das nächste strittige Thema bereits ansteht. Die FDP votierte für eine Aufhebung der bisherigen Beschlüsse.

(ape/das)
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