Mönchengladbach Luftakrobatik mit einem Hauch Brennspiritus

Mönchengladbach · Seit April bietet das Sportbildungswerk Poledance-Kurse an. So leicht wie das Tanzen an der Stange aussieht, ist es aber nicht.

 Während bei Kursleiterin Birte Zeitner (l.) das Lächeln an der Stange noch leicht über die Lippen kommt, sieht man beim Lächeln ihrer Schülerinnen Erika Cinque und Alexandra Kiemeswenger (r.) die Anstrengung des Trainings. Für die beiden ist es erst ihre fünfte Übungsstunde - Zeitner ist sehr zufrieden mit ihnen.

Während bei Kursleiterin Birte Zeitner (l.) das Lächeln an der Stange noch leicht über die Lippen kommt, sieht man beim Lächeln ihrer Schülerinnen Erika Cinque und Alexandra Kiemeswenger (r.) die Anstrengung des Trainings. Für die beiden ist es erst ihre fünfte Übungsstunde - Zeitner ist sehr zufrieden mit ihnen.

Foto: Detlef ilgner

Es sieht aus, als würde Birte Zeitner schweben und in der Luft ihre Pirouetten drehen. So grazil, anmutig und elegant gleitet die 25-Jährige in ihrer knallgrünen kurzen Hose und dem schwarzen Oberteil an der silbernen Stange in der Gerkerather Halle. Dann eine schnelle Drehung und auf einmal hängt sie kopfüber. "Das ist der Moment, wo alle Zuschauer denken - ,Hä? Wie geht das so einfach?'", sagt Zeitner während sie durch die Luft wirbelt.

Dass die Akrobatik an der Stange keinesfalls so einfach ist, wie es aussieht, verrät schnell der Geruch - es reicht nach Schweiß und Anstrengung. Ein weiteres Indiz: mehrere rote Köpfe. Denn Zeitner ist nicht alleine. Neben ihr strecken sich Erika Cinque und Alexandra Kiemeswenger an den Stangen - die zwei Schülerinnen im Anfängerkurs des neuen Poledance-Angebotes des Sportbildungswerkes Mönchengladbach.

Seit April bietet dieser in Kooperation mit dem TSC Mönchengladbach drei Poledance-Kurse an: Anfänger, Fortgeschrittene und Profis. "Langfristig soll eine Wettkampf-Abteilung aufgebaut werden", erklärt Barbara Stand, Pädagogische Leiterin des Sportbildungswerkes SSB Mönchengladbach. Das erste Ziel des SSB sei aber, dass der TSC als Verein eine Poledance-Abteilung gründet. "Dafür sind wir in guten Gesprächen mit dem TSC", so Stand. Beim Familiensporttag am 8. Juli im Grenzlandstadion können Interessierte zudem zum Schnuppertraining vorbeischauen.

Bevor es im Trainingsraum überhaupt an eine der fünf aufgebauten Stangen geht, wird sich erstmal aufgewärmt. Graue Matten werden auf dem Boden ausgerollt. Für die nächsten 30 Minuten der Platz der drei Frauen im Raum. Arme, Beine, Po, Gelenke, Rücken und Bauch - für alles hat Zeitner Übungen parat. Denn neben Muskelaufbau seien Koordination, Beweglichkeit, und Körperspannung und Konzentration gefragt, betont die Leiterin. "Poledance ist ein Ganzkörpersport."

Wie komplex der Sport eigentlich ist, sei vielen nicht bewusst. Im Gegenteil: "Bei Poledance denken viele - vor allem Männer - sofort an einen Stripclub. Das Image ist einfach nicht gut." Es gebe aber trotzdem genug Männer, die den Sport betreiben. "Die haben nur das Problem, dass es wegen ihrer Beinhaare, wirklich weh tut, an der Stange zu rutschen", sagt Zeitner und kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Die Leiterin selbst, ist schon lange sportlich aktiv und besitzt die nötige Erfahrung. "Ich habe mit fünf Jahren das Leistungsturnen angefangen", erklärt sie. Die Liebe zum Poledance entdeckte die 25-Jährige an ihrer Universität. "Dort wurde ein Kurs angeboten, und ich habe einfach mitgemacht", so Zeitner. Was folgte, war eine Erfolgsgeschichte. 2017 belegte sie mit Partnerin Linda Krainitzki im Doppel den zweiten Rang bei den Deutschen Poledance Meisterschaften. In Zukunft möchte Zeitner zusätzlich zu dem Paar-Wettbewerb auch im Einzel teilnehmen. Dafür trainiert sie zweimal in der Woche an der Stange. "Dann aber gut drei Stunden am Stück." Dazu kommen die drei wöchentlichen Kurse, die sie alle leitet.

Im Trainingsraum geht es jetzt zur Sache. Die Schülerinnen betreten die schwarzen Scheiben, auf denen die Stangen befestigt sind und ergreifen diese. Schnell zeigt sich, was sie schon gelernt haben. Zwar schallt auch mal "Mist" oder "Ich bin platt" durch den Raum, aber die Anstrengungen lohnen sich. Zeitner ist begeistert: "Wow, Mädels. Ich bin wirklich stolz auf euch", lobt sie ihre Schützlinge. Und auch die beiden sind von ihrer Leiterin überzeugt. "Birte ist super, sie macht das sehr gut und hat viel Geduld mit uns", sagt Kiemeswenger.

Für das modische Highlight sorgen zwei Utensilien, die nach jeder Übung zum Einsatz kommen: Knallpinke Handtücher und gefüllte Sprühflaschen in der gleichen Farbe. "Da ist Brennspiritus drin. Damit müssen die Stangen immer wieder gesäubert werden, damit man guten Halt hat", erklärt Zeitner.

Kurz bevor die Trainingsstunde vorbei ist, drängen sich schon die Teilnehmer für den Fortgeschrittenen-Kurs in den Raum, der nun nach einem Gemisch aus Schweiß und Spiritus riecht. Zeitner schnappt sich schnell ihr Handtuch, wischt den Schweiß ab und trinkt einen Schluck Wasser. Dann holt sie die grauen Matten hervor.

(se)
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