Mönchengladbach Lola im Kofferkreis

Mönchengladbach · Bei der RP-Aktion "Gladbach mal anders" besuchten zwölf theaterbegeisterte RP-Leser eine Probe des Georg-Kreisler-Musicals "Heute Abend: Lola Blau". Die Gäste gewannen interessante Einblicke in die Arbeit eines Regieteams mit der Hauptdarstellerin.

Musikdramaturgin Ulrike Aistleitner empfängt uns im Foyer des Theaters im Nordpark (TiN). Und informiert die Gruppe, bevor alle in den Kleinen Saal dürfen, zunächst über den Inhalt des Stücks, das am 25. September im TiN Premiere feiern soll. Ein Musical für eine Sängerin/Schauspielerin aus der Feder des Wiener Schmäh-Lyrikers und Komponisten Georg Kreisler, das ist "Heute Abend: Lola Blau". Die bedrückende Geschichte einer talentierten jungen Künstlerin jüdischer Herkunft, die es eben noch schafft, den Nazis in Wien zu entkommen. Lola flüchtet per Schiff in die Neue Welt, wo die Diseuse in die Mühlen der Unterhaltungsindustrie gerät.

"Bisher habe ich nur einmal bei einem Theaterfest eine Führung hinter Kulissen erlebt", erzählt Brunhilde Lenzen. Barbara Sauer hätte gern ihren Mann mitgebracht. "Aber der besucht zu dieser Stunde die öffentliche Probe der Niederrheinischen Sinfoniker, also mussten wir uns aufteilen", sagt sie.

Gewonnen, anderen zuzuschauen

Die Bühne ist als Arbeitsfläche kenntlich: Lederkoffer, eine rote Chaiselongue, ein Set altertümlicher Telefone, eine schrankartige Kulisse aus drei hohen Versatzstücken und ein Flügel sind die wichtigsten Requisiten. Regisseur Jürgen Pöckel begrüßt die Gäste schelmisch: "Das ist mal was anderes: Sie haben gewonnen, anderen bei der Arbeit zuzuschauen." Und wendet sich, vor der Bühnenrampe stehend, wieder dem Geschehen dort oben zu. Gabriela Kuhn ist Lola Blau, sie trägt die Aufführung. Die Sängerin ist hochkonzentriert bei der Sache, reagiert schnell auf Anweisungen des Regisseurs und koordiniert ihre Einsätze routiniert mit dem Kapellmeister am Flügel, Karsten Seefing. Geschickt hantiert Kuhn mit den Lederkoffern, die sie in wechselnden Formationen auf dem Bühnenboden zu arrangieren hat. Zum Beispiel in Kreisform. Die spürbare Routine, in der sie gleichwohl Spannung wahrt, ist kein Zufall. "Frau Kuhn hat das Stück in Flensburg und anderen Städten des Schleswig-Holsteinischen Landestheaters bereits 49-mal gespielt", weiß Aistleitner. Somit steht bei der Premiere am 25. September ein Jubiläum bevor. "Zuvor ist es notwendig, die Inszenierung auf die räumliche Situation der hiesigen Bühne zu übertragen", so Aistleitner.

Und das leisten Regisseur Pöckel und die neu engagierte Sängerin, die übrigens mit Generalintendant Michael Grosse verheiratet ist, mit Hingabe und Geduld. Immer wieder unterbricht Pöckel den flotten Charleston-Titel, in dem Lola eine Vertreterin der Wiener Schickeria parodiert, sie wienert ziemlich herb – um plötzlich wieder ins Hochdeutsche mit viel weicherem Tonfall zu wechseln. "Ich treffe den indischen Swami zum Lunch in Miami", schmettert sie schwungvoll heraus, legt sich auf die Chaiselongue, schwingt ein Cocktailglas. Klappt prima.

Die jüngste Besucherin, die 13-jährige Jana Vijayakumaran, genießt das Schauspiel. "Ich will später auf jeden Fall etwas mit Theater zu tun haben", verrät sie.

(RP)
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