Mönchengladbach Liturgie, Kunst und Geldmangel

Mönchengladbach · Das Bistum Aachen gibt die Rahmenbedingungen vor, in denen in den katholischen Gemeindeverbänden der Stadt Musik gemacht wird. Damit steht es nicht zum Besten. Die Bezahlung ist gering, die Perspektive schmal. Eine neue Stiftung könnte die Kirchenmusik im Bistum fördern.

 Wenn die Regensburger Domspatzen im Münster singen, ist eine Sternstunde der geistlichen Musik garantiert. Aber auch mit hiesigen Kräften gelingen immer wieder großartige Kirchenkonzerte in der Stadt.

Wenn die Regensburger Domspatzen im Münster singen, ist eine Sternstunde der geistlichen Musik garantiert. Aber auch mit hiesigen Kräften gelingen immer wieder großartige Kirchenkonzerte in der Stadt.

Wer in diesen Zeiten in Deutschland ein Kirchenmusikstudium abschließt oder eine Stelle sucht, macht, wenn er eine Wahl hat, um das Bistum Aachen einen großen Bogen: Nachdem heikle Finanzgeschäfte die Kirchenverwaltung im Schatten des Aachener Doms fast in die Pleite stürzten, seitdem nach diversen Skandalen immer weniger Menschen Kirchensteuer bezahlen wollen, sind die Schlüsselzuwendungen an die Gemeinden erheblich gesunken.

Anders als in anderen deutschen Diözesen aber sind im Bistum Aachen die Gemeinde-Gemeinschaften, GdG, mit weitgehenden Kompetenzen ausgestattet. Das bedeutet: Wer als Kirchenmusiker angestellt wird, wie er bezahlt wird, wie viel und welchen Dienst er oder sie zu absolvieren hat, bestimmt – bis auf ganz wenige Ausnahmen – der Gemeindeverband.

Manche wechseln in Schuldienst

Kirchenmusik ist liturgischer Dienst, wie die Arbeit des Küsters, und wird nach Aufwand bezahlt, nicht nach Qualifikation. Gemeinden müssen sparen – und tun es gern an der Musik. "Hauptamtliche Kirchenmusik geht zurück. Einige Kollegen und Kolleginnen sind auf Grund der besseren Bezahlung und der gesicherten Stellenperspektive in den Schuldienst gewechselt", sagt Professor Michael Hoppe, Referent für Kirchenmusik am Bischöflichen Generalvikariat in Aachen.

Er selbst splittet seine Arbeitskraft zwischen Bistum, Kirchengemeinde und Hochschule Köln auf. Notgedrungen. Er weiß um die Nöte der Kolleginnen und Kollegen, denen unvermittelt zehn oder 20 Prozent ihrer Stelle gestrichen werden und die nun andernorts hinzuverdienen müssen. Auch in Mönchengladbach gibt es dazu Beispiele.

Hoppe bedauert auch, dass es auf diözesaner Ebene keinen Stellenplan für Kirchenmusik gibt wie in anderen Diözesen, versteht aber auch, dass sich die Gemeinden in ihre Belange nicht aus Aachen hineindirigieren lassen wollen. Hoppe betont, dass Bischof Mussinghoff im vergangenen Jahr eine Stiftung gegründet hat, die langfristig die Kirchenmusik im Bistum fördern will – ein Hoffnungsschimmer. Derweil spart das Bistum auch bei der Ausbildung von Kirchenmusikern massiv.

Das Gregoriushaus in Aachen, einst die Zentrale in der Region, ist schon vor Jahren geschlossen worden. Immer mehr (billige) Nebenamtler werden im Kirchenmusik-Dienst eingesetzt. Das frustriert die Musiker, die sich parallel zur künstlerischen Ausbildung am Instrument Orgel auf ein Kirchenmusik-Studium einließen, A- oder B-Examen ablegten, was heute Master- bzw. Bachelor-Abschluss heißt. Auch das nebenberuflich nutzbare C-Examen erwirbt man nur über drei Jahre in monatlichen Wochenendseminaren.

Der Alltag der Kirchenmusiker ist geprägt von zeitlicher Fremdbestimmung und weitreichender Verfügbarkeit. Messen, Beerdigungen, Trauungen, Pendeln zwischen mehreren Pfarrkirchen, die Leitung von oftmals mehreren Chören. Ein Musiker mit A-Examen hat mindestens zwölf Semester an einer staatlichen Musikhochschule studiert, nicht eingerechnet eine künstlerische Reifeprüfung. Ein Einstiegsgehalt von 2500 Euro gilt als gute Bezahlung. Brutto, für die volle Stelle.

Und wo bleibt bei alldem die Kunst? Dafür müssen viele Kirchenmusiker sich privat engagieren. Chorprojekte, Konzertreihen sind oft nur mit Hilfe von Sponsoren möglich, Zusatzproben sind selten mit der Gemeinde abrechenbar. In der Folge lassen wir katholische und evangelische Kirchenmusiker aus Mönchengladbach zu diesen Fragen zu Wort kommen.

(ark)
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