Mönchengladbach Leichenfotos bei WhatsApp werfen rechtliche Fragen auf

Mönchengladbach · Die Polizei ermittelt gegen einen Jugendlichen aus dem Kreis Viersen: Er soll Fotos des Toten vom Reme-Gelände gemacht und über WhatsApp verbreitet haben. Verstörte Schüler hatten die Bilder bekommen. Ihm droht nun eine Freiheitsstrafe.

Angehörige trauern um toten 17-Jährigen
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In den Ermittlungen im Mordfall des getöteten Dominik (17), der heimtückisch von einem Freund erstochen und am 1. Februar tot auf dem stillgelegten Reme-Gelände in Lürrip gefunden wurde, ist die Polizei einen entscheidenden Schritt weiter: Der Zeuge, der Fotos von der Leiche machte und diese über den Kurznachrichtendienst WhatsApp verbreitete, wurde gefunden. Er ist 15 Jahre alt und wohnt im Kreis Viersen. Und er ist auch die Person, die die Anwohner, die die Leiche am 1. Februar fanden, weglaufen sahen. Die Polizei hatte seit dem Fund der Leiche nach dieser Person gesucht.

Der Jugendliche hatte die Leiche vermutlich als erster entdeckt. Was ihn dazu verleitet habe, die Bilder zu machen, konnte er der Polizei nicht sagen. Den Beamten erklärte der junge Mann, Leute aus Mönchengladbach zu kennen, ebenso das ehemalige Reme-Gelände, auf dem sich gelegentlich Jugendliche treffen. Das Mordopfer und den mutmaßlichen Täter, der 30-mal mit einem Steakmesser auf seinen 17-jährigen Freund eingestochen haben soll, kannte der 15-Jährige nicht. Die Polizei hatte den 20 Jahre alten Freund des Opfers am Mittwoch festgenommen. Der vorbestrafte Gewalttäter hat die Tat gestanden, sein Motiv aber noch nicht genannt.

Der 15-Jährige entdeckte die Leiche laut Angaben der Polizei, als er am 1. Februar alleine über das Gelände ging. "Zu seinem Entsetzen" fand er auf einem Verbindungsweg den Toten - und fotografierte ihn.

Doch warum leitete er die Fotos anschließend über WhatsApp an Freunde weiter? Gegenüber der Polizei gab er an, er habe den Anblick der Leiche nicht verarbeiten können und habe mit jemandem reden wollen. Die Bilder verbreiteten sich rasend schnell über den Kurznachrichtendienst. Die Ermittler der Mordkommission waren schockiert. "Wir bekamen zahlreiche Hilfeschreie aus Schulen", sagte Michael Götze, Leiter der Mordkommission "Reme" im Rahmen einer Pressekonferenz. Lehrer hatten von verstörten Schülern berichtet, denen die Leichenbilder aufs Smartphone übermittelt wurden. Der schulpsychologische Dienst wurde eingeschaltet. Welche Lawine er damit über die sozialen Medien losgetreten hatte, sei dem 15-Jährigen nicht bewusst gewesen, sagte er der Polizei.

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Ihn erwartet nun ein Strafverfahren. Nach Paragraf 22 des Kunsturheberrechts-Gesetzes stellt das Verbreiten oder die öffentliche zur Schau Stellung von Bildern ohne die Einwilligung des Abgebildeten eine Straftat dar. Auch das Fotografieren toter Personen ist darin rechtlich geregelt: "Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von zehn Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten." Einen wesentlichen Anstoß für dieses Gesetz gab seinerzeit der Fall Bismarck: Täter waren damals unbefugt in das Haus eingedrungen und hatten die Leiche des Fürsten von Bismarck fotografiert. Nach diesem Vorfall wurde der Paragraf 22 geschaffen.

Jürgen Lützen, Sprecher der Mönchengladbacher Polizei, weist darauf hin, dass jede Weitergabe der Fotos ebenfalls eine Straftat darstellt und bei Bekanntwerden strafrechtlich verfolgt wird. Auch der Besitz des Fotos ist nicht rechtens. Das ist für alle problematisch, denen das Bild zugesendet wurde, denn Whats-App speichert Bilder automatisch auf dem Handy ab.

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Strafrechtlich problematisch ist der Vorfall auch, weil der "höchstpersönliche Lebensbereich" des Toten verletzt wurde. Bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe erwartet eine Person, die über eine Bildaufnahme "die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt". Das legt der Paragraf 201a des Strafgesetzbuches fest.

(RP)
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