Mönchengladbach Lebenswichtig, aber nahezu unbekannt

Mönchengladbach · Blutplasma ist ein wichtiger Rohstoff zur Medikamentenherstellung. In Mönchengladbach gibt es seit acht Jahren ein Plasmaspendezentrum. 30.000 Liter Blutplasma werden hier pro Jahr gespendet, schockgefroren und weitergeleitet.

 In Mönchengladbach gibt es rund 1600 Plasmaspender: der Facharzt Uwe Taborski und Anja von Nessen, die Leiterin des Plasmaspendezentrums Mönchengladbach, mit einem Spender.

In Mönchengladbach gibt es rund 1600 Plasmaspender: der Facharzt Uwe Taborski und Anja von Nessen, die Leiterin des Plasmaspendezentrums Mönchengladbach, mit einem Spender.

Foto: Angela Rietdorf

Es gibt Dinge, die sind einfach nicht zu ersetzen - Blutplasma bei der Herstellung von Medikamenten zum Beispiel. "Es lässt sich nicht synthetisch herstellen", sagt Dr. Uwe Taborski, Medizinischer Direktor des Pharma-Unternehmens Octopharma Plasma. Weil Plasma aber unverzichtbar ist bei der Produktion von Arzneimitteln etwa zur Behandlung der Bluterkrankheit, von Eiweißlösungen zur Verhinderung von Schockzuständen bei schweren Verbrennungen oder auch bei Operationen, sind die Pharma-Unternehmen auf Plasmaspenden angewiesen. Nur wenn genügend Menschen Plasma zur Verfügung stellen, können bestimmte Pharmaprodukte in ausreichender Menge hergestellt werden.

Deshalb betreibt Octopharma Plasma in Deutschland dreizehn Plasmaspendezentren, eines davon in Mönchengladbach an der Lürriper Straße nahe des Hauptbahnhofs. Rund 30.000 Liter Blutplasma werden hier jedes Jahr gespendet, schockgefroren und weitergeleitet. Es könnte gern mehr sein. "Im Vergleich zur Blutspende ist die Plasmaspende in Deutschland weitgehend unbekannt", bedauert Hubert Franzaring, Geschäftsführer des Unternehmens. In Österreich gebe es im Verhältnis zur Bevölkerungszahl doppelt so viele Spender.

Dabei kann praktisch jeder gesunde Mensch Plasma spenden, und das sogar wesentlich häufiger als Blut. "Eine Plasmaspende ist bis zu 45 Mal im Jahr möglich", erklärt Uwe Taborski, "nach neuer Regelung in Zukunft sogar bis zu 60 Mal." Das liegt daran, dass bei einer Plasmaspende nur ein Teil des Blutes verwendet wird, nämlich der flüssige Teil, das Plasma. Die Blutzellen, die etwa 45 Prozent des menschlichen Blutes ausmachen, werden wieder in den Körper zurückgeleitet. Die möglichen Spender werden natürlich gründlich durchgecheckt, bevor sie zugelassen werden. Wer sich erstmalig meldet, muss sich ausweisen und einen festen Wohnsitz haben. Es wird geprüft, ob er oder sie einer Risikogruppe angehören. "Wer Drogen nimmt oder genommen hat, wer Alkohol- oder medikamentenabhängig ist, ist dauerhaft von der Plasmaspende ausgeschlossen", erklärt der Medizinische Leiter. Ein frisches Tattoo oder Piercing dagegen führt zu einer sechsmonatigen Sperrfrist. Vitale Gesundheitsdaten werden erhoben, das Blut des potenziellen Spenders wird im Labor auf Krankheiten wie HIV, Hepatitis oder Syphilis untersucht. Erst wenn alles getestet wurde, wird ein Erstspender nach einigen Tagen zur Plasmaspende zugelassen. Aber auch in der Folge werden Daten erhoben und geprüft.

Etwa 45 Minuten dauert eine Plasmaspende. Es gibt pro Spender mehrere Zyklen, in denen das Blut in eine Zentrifugenglocke geleitet und in Plasma und Blutzellen getrennt wird. "Frauen haben meistens dünneres, Männer dickeres Blut", sagt der Arzt. "Deshalb dauert die Spende bei Männern etwas länger, bei Frauen geht es schneller." Das Plasma wird in Röhrchen gefüllt, die eindeutig zu identifizieren und zum Spender zurückzuverfolgen sind. Anschließend wird es bei bis zu minus 38 Grad schockgefroren, in Kühlwagen weitertransportiert, qualitätssichernden Verfahren unterzogen und schließlich in einem von vier europäischen Produktionsstandorten weiterverarbeitet: Zu Medikamenten, die bei Gerinnungsstörungen eingesetzt werden; zu Eiweißlösungen, die den Blutkreislauf stabilisieren; oder die Schockzustände bei schweren Verletzungen verhindern. Oder zur Herstellung von Immunglobulinen, die zur Behandlung von Immunerkrankungen dienen. Die Plasmaspender erhalten jeweils eine Aufwandsentschädigung - und haben das gute Gefühl, etwas für kranke Mitmenschen getan zu haben.

(RP)
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