Mönchengladbach Lebensmittel fair teilen

Mönchengladbach · Foodsharer sammeln Essbares, das sonst weggeworfen wird, und stellen es in "Fair-Teiler-Stationen" zur Verfügung - jetzt auch in Rheydt.

 Sinead Kleikamp, Marina Martin, Sara Azimi, Nicole Peters, Jens Koch, Verena Kell und Dorothe Sasserath (v.l.) eröffnen die Station beim Paritätischen.

Sinead Kleikamp, Marina Martin, Sara Azimi, Nicole Peters, Jens Koch, Verena Kell und Dorothe Sasserath (v.l.) eröffnen die Station beim Paritätischen.

Foto: Ilgner

Lebensmittel wegzuwerfen, weil sie dem ästhetischen Empfinden der Kunden nicht genügen? So eine Vorgehensweise wäre für Foodsharer wie Marina Martin und Jens Koch undenkbar. Mehr noch: So etwas würde in ihr Lebenskonzept nicht hineinpassen.

"Eine ökologische, nachhaltige Lebensweise steht für uns im Fokus", sagen beide aus einer starken Überzeugung heraus, mit der sie auch andere Menschen anstecken. Sie gehören zu 220 Mönchengladbacher sogenannten Foodsharern, die Lebensmittel vor dem Wegwerfen retten, indem sie sie nach Absprache bei Unternehmen einsammeln.

Die geretteten Lebensmittel werden zu sogenannten Fair-Teiler- Stationen gebracht, von denen es nun in Mönchengladbach nach dem vergangenen Wochenende eine mehr gibt. Mitten in Rheydt, im Keller des Paritätischen Zentrums, wurde eine neue Fair-Teiler-Station eröffnet, welche aus einem Kühlschrank und einem Vorratsschrank besteht.

Die Idee dahinter: Lebensmittel sind zu schade, um sie wegzuwerfen, nur weil man sie nicht mehr gebrauchen kann. Das gilt für den Handel, aber auch für Privatpersonen. "Wir schmeißen 40 Prozent unserer Lebensmittel weg", berichtet Jens Koch. "Es gibt Produkte, die es erst gar nicht ins Supermarkt-Regal schaffen. Bestes Beispiel sind Bananen, weil sie ein paar braune Flecken haben. So schmecken sie ja meistens am besten, aber sie sehen nicht frisch genug aus."

Ebenso Produkte, die kurz vor dem Ablauf der Mindesthaltbarkeit stehen und noch völlig in Ordnung sind. Und als Privatperson hat man vielleicht einfach zu viel oder das Falsche eingekauft.

Wichtig: Nicht die Bedürftigkeit von Menschen steht im Fokus, sondern ein verantwortungsvoller Umgang mit Lebensmitteln und der Umwelt. Das wurde auch in der lebhaften Diskussion unter den interessierten Nachbarn deutlich. Man solle sich nicht schämen, Lebensmittel aus der Station zu nehmen, sondern stolz darauf sein, dass man sie auf diese Weise wertschätze. Ebenso sollten Verbraucher sich bewusst machen, dass für einige der Produkte Tiere gestorben seien. Diese einfach wegzuschmeißen, sei respektlos.

Ingrid Paulußen ist Gast bei der Eröffnung und sehr begeistert von der Grundidee. Für sie erfüllt die Fair-Teiler-Station gleich zwei wichtige Aufgaben: "Ich habe das Gefühl, dass die Nachbarschaft in Rheydt etwas auseinandergedriftet ist. So eine Initiative bringt die Leute wieder näher zusammen." Zu Lebensmitteln hat sie eine eigene, besondere Beziehung: "Ich wertschätze die Natur und pflanze Wildkräuter an. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich diese hier zur Station bringe, damit auch andere Menschen davon probieren können." Bei Paulußen zu Hause wird nichts weggeschmissen, deswegen kann sie sich mit den Foodsharern gut identifizieren. "Ich kann mir vorstellen, in meiner direkten Nachbarschaft so etwas Ähnliches zu initiieren."

Eine strikte Organisation der Initiative gibt es nicht. "Die Foodsharer sind nicht als Verein organisiert, jeder handelt als Privatperson und ehrenamtlich", erzählt Marina Martin. Das bedeutet auch, dass jeder selbst entscheidet, ob er den Fair-Teiler alle zwei Monate, oder drei Mal in der Woche besucht. Auch ist es jedem selbst überlassen, ob er etwas mitnimmt, oder hinbringt.

Eine wichtige Eigenschaft eines Food-sharers ist das Verantwortungsgefühl für andere Menschen. Würde man das, was man in den Fair-Teiler bringt, wirklich noch selber essen oder nicht? Bestehen die Lebensmittel meinen Sinnestest? Sehen sie gut aus, riechen und schmecken sie gut? Wichtig zu wissen ist außerdem, dass die Befüllungen nicht zeitlich geregelt sind. Ein bewusstes Hingehen und Vorbeischauen an den Stationen ist also von den Foodsharern ausdrücklich erwünscht. Nur so kommt ein interessanter Austausch und eine eigene Dynamik zustande.

Verena Kell vom Nachbarschaftsprojekt des Paritätischen Dienstes in Rheydt ist über die Zusammenarbeit mit den Foodsharern hoch erfreut: "Die Idee des Foodsharings passt ausgesprochen gut zum Paritätischen. Wir haben uns schon seit längerer Zeit einen Fair-Teiler gewünscht, und jetzt haben wir endlich einen."

(dge)
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