Mönchengladbach Langer Atem, Kondition und Phantasie

Mönchengladbach · Generalintendant Michael Grosse begrüßte gestern das Theater-Ensemble zur neuen Spielzeit. Nach Beinbruch ist er derzeit auf Gehhilfen angewiesen. OB Reiners verspricht entschlossenes Eintreten der Politik für Theater mit Zukunft.

Sichtlich gut erholt und gelaunt erklimmt Generalintendant Michael Grosse die Stufen zur großen Bühne. Aber eben auf Krücken, denn der Theaterboss hat sich im Urlaub das linke Bein gebrochen. Als er vor dem roten Samtvorhang sein im Saal versammeltes Ensemble zur neuen Spielzeit bewillkommnet, ist er sich bewusst, dass er selbst kein dynamisches Bild abgibt. Deshalb beginnt Grosse seine launige Ansprache mit dem Hinweis an seine Mitarbeiter, beim Intendanten könnten - nach Schien-, Wadenbein- und Sprunggelenks-OP infolge eines Wanderunfalls - in diesem Jahr durchaus einige Schrauben mehr locker sein.

Im Parkett sitzen - bemerkenswerterweise vorwiegend in den hinteren Reihen - viele Theatermenschen und lauschen ihrem Chef, der das Wort kurz an den Aufsichtsratsvorsitzenden der Theater-GmbH, Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners, übergibt. Reiners bemerkt, diese seine erste Ensemblebegrüßung habe etwas von erster Schultag, nur ohne Schultüten. Er bekräftigt den Willen der Politik, das Konzept "Theater mit Zukunft" bald mit Teil drei fortzuschreiben. Zwei Stunden später unterzeichnen Reiners, sein Krefelder Amtskollege Gregor Kathstede und Landeskulturministerin Ute Schäfer in Düsseldorf eine Fördervereinbarung. Die versetzt das Gemeinschaftstheater in die gute Lage, bis 2020 alljährlich einen festen Zuschuss vom Land NRW in seinen Etat einrechnen zu können. Reiners weist die Neuankömmlinge auf die Schönheiten des Niederrheins, auf "Pappeln und Pflaumenkuchen", hin. Dann wünscht er mit den Worten des Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch: "Tach zusammen!".

Diese Veranstaltung am ersten Arbeitstag der neuen Spielzeit hat immer etwas Liebenswertes. Die Schauspieler, Sänger, Tänzer, die Mitglieder der Niederrheinischen Sinfoniker, die Dramaturgen, Techniker, die Frauen an den Kassen und Garderoben, die Lehrlinge, die drei jungen Leute, die ein freiwilliges soziales Jahr im Theater ableisten, und noch viele mehr - sie alle haben sich freudig begrüßt nach den Ferien, und wollen für die neue Spielzeit motiviert werden. Grosse spricht von einem guten vergangenen Jahr, von verlässlichen finanziellen Rahmenbedingungen. Wie jedes Jahr gehe es gleich wieder "in die Vollen" und er wünsche sich, dass jeder gesund bleibt für eine lange, elf Monate währende Spielzeit, seine jetzt auch schon sechste am Haus. Man solle doch bitte an einem Strang ziehen, wenn möglich sogar in dieselbe Richtung. Langer Atem, Kondition und Phantasie seien die Tugenden der Stunde.

Die Begrüßung der Neuen ist ebenso Kernpunkt der Mitgliederversammlung im großen Saal wie das Totengedenken. Diesmal widmet Grosse seinem Vor-Vor-Vorgänger im Amt, Eike Gramss, der im Juli 73-jährig verstorben ist, wertschätzende und trauernde Worte. Seine Tochter Franziska Marie führt übrigens am Zweistädtehaus den Geist ihres Vaters fort - sie inszeniert das Stück "Mondlicht und Magnolien", das am 5. September in der Fabrik Heeder in Krefeld Premiere feiert. Grosse schließt mit den Worten: "Lassen Sie uns eng zusammenstehen, mit Vertrauen, Wertschätzung und Respekt." Und dann winkt er zum Abgang noch mal leutselig mit der Krücke.

(ark)
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