Mönchengladbach Die hohe Kunst des Knabengesanges

Mönchengladbach · Der Windsbacher Knabenchor und das Blechbläserensemble Salaputia Brass traten in der Rheydter Marienkirche auf. Das Programm enthielt neben bekannten Gesängen sehr viel Anspruchsvolles – bis zur Zwölfstimmigkeit.

 Der Windsbacher Knabenchor und das Blechbläserensemble Salaputia Brass bei ihrem Auftritt in St. Marien Rheydt.

Der Windsbacher Knabenchor und das Blechbläserensemble Salaputia Brass bei ihrem Auftritt in St. Marien Rheydt.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Knabenchöre und Blechbläser gehören untrennbar zur Advents- und Weihnachtszeit. So war es nicht verwunderlich, dass beim Konzert des Windsbacher Knabenchores und des Bläserensembles Salaputia Brass, initiiert vom Initiativkreis Mönchengladbach, an diesem Abend vertreten durch Schirmherr Gert Kartheuser – in der Rheydter Marienkirche so gut wie kein Platz frei blieb.

Die Windsbacher aus dem Frankenland, unweit von Ansbach, wurden im Jahre 1946 von Hans Thamm gegründet, in der Nachfolge führte drei Jahrzehnte lang Karl-Friedrich Beringer den Chor zu internationaler Anerkennung. Seit 2012 hat Martin Lehmann die Leitung inne, unverkennbar ein Schüler von Professor Hans-Christoph Rademann. Mit 60 jungen Sängern kam der Chor zu seinem Konzert nach Rheydt – die jüngere Hälfte davon war für Sopran und Alt zuständig, die Größeren für den Tenor-und Bassbereich.

Lehmann leitet zwar freundlich und immer einladend, formt hilfreich jede Phrase mit den Händen, hat aber dennoch seine ihm mit höchster Aufmerksamkeit folgenden Sänger stets an der kurzen Leine. Nur so kann er vokale Glanzleistungen erzielen. Der Chorleiter setzt auf dynamische Extreme und auf manchmal fast überdehnte Zäsuren – so erreicht er, dass vor allem bekannte, oft nur noch geleierte Fest-Gesänge wieder die ihnen gebührende Struktur zurückerhalten. Bei klarer Diktion, bewundernswerter Höhensicherheit der Soprane und untadeliger Homogenität ist die Intonation lupenrein – selbst im äußersten Pianissimo.

Das Programm des Chores enthielt neben bekannten Gesängen sehr viel Anspruchsvolles und selten zu Hörendes, beispielsweise die achtstimmige Motette „Ave maris stella“ von Edvard Grieg, das Weihnachtslied „Und unser lieben Frauen“ in einem Satz von Max Reger und die „Hymne an die Jungfrau Maria“ für zwei vierstimmige Chöre von Benjamin Britten. Besonders kompliziert war die „Clustermotette“ des 1954 geborenen Jan Sandström für zwei Chöre zu zwölf Stimmen über „Es ist ein Ros‘ entsprungen“, bei der der zweite Chor aus zwölf Sängern bestand, die sich am Ende des Kirchenschiffs positioniert hatten. Dennoch gelang auch dieses anspruchsvolle Werk ohne Tadel.

Das Blechbläserensemble Salaputia (deutsch: Kerlchen) Brass, das nach dem 1. Preis beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ zusammen blieb und inzwischen auf zahlreiche in -und ausländische Konzertverpflichtungen verweisen kann, glänzte mit volltönenden, oft auch virtuosen Soli (herausgehoben sei „Wie will ich mich freuen“) und begleitete klangintensiv, aber dennoch mit der gebotenen Rücksichtnahme die Sänger. Einzig das fast flippig arrangierte „Jingle Bells“ der Bläser war mitten in diesem hochkarätigen Programm ein ärgerlicher Fehlgriff, mochte es noch so pointiert dargeboten sein.

Am Schluss feierte das restlos begeisterte Publikum die Gäste stehend mit Ovationen. Dann durfte es noch „Stille Nacht“ erleben, und dieses oft strapazierte Lied boten die Windsbacher so zurückgenommen und auf das Wesentliche reduziert dar, dass man meinte, es zum ersten Mal zu hören.

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