Mönchengladbach Tragikomisches aus dem Orchester

Mönchengladbach · Michael Ophelders, neu im Schauspiel-Ensemble, überzeugt in "Der Kontrabass" mit einem Marathon-Monolog im Theaterstudio. Der 57-jährige Essener setzt den Schwerpunkt des Spiels auf Komik.

 Michael Ophelders ist der Kontrabassist, der unter der subalternen Rolle des tiefsten Streichinstruments im Orchester leidet.

Michael Ophelders ist der Kontrabassist, der unter der subalternen Rolle des tiefsten Streichinstruments im Orchester leidet.

Foto: Matthias Stutte

Gerade erst hat Michael Ophelders als Siggi in "Wir sind Borussia" den Plan ausgeheckt, den Kölner Geißbock Hennes zu entführen, schon stellt sich der 57-jährige Ensemble-Neuzugang aus dem Ruhrgebiet als Solist vor: Damit steht zum dritten Mal seit Oktober 1985 Patrick Süskinds Sozialmonodram "Der Kontrabass" in Mönchengladbach auf dem Spielplan.

Anders als Gerhard Piske (1985/86) und Matthias Oelrich (1998/99) bevorzugt Ophelders eine forsch-hemdsärmelige Spielweise, die vornehmlich auf Lacher abzielt. Sein Kontrabassist leidet unter der subalternen Rolle des tiefsten Streichinstruments im Orchester, das ästhetisch eher für Magenknurren an der unteren Hörschwelle denn für Schönklang zuständig ist. Als Tuttist am dritten Pult hat der Namenlose, der den Frust über sein Mittelmaß als Künstler mit Bier zu ertränken versucht, keine Chance, eine junge Kollegin, die Mezzosopranistin Sarah, auf sich aufmerksam zu machen.

Wichtigstes Requisit des zweistündigen Monologs auf der Studiobühne ist, neben dem Kühlschrank, den er ächzend mit drei Kisten Pils beladen hat, das Objekt seiner Hassliebe: der Kontrabass. Für den in der Hierarchie des Orchesters unten angesiedelten Musiker "ein grauenvolles Instrument!" Er beschreibt die sperrige Bassgeige als verunglücktes Abbild von Weiblichkeit: "hängende, rachitische Schulterpartie, unvorteilhafte Hüften". Und bemüht als Erklärung für die Wahl des Instruments die Psychoanalyse: Aus Rache gegenüber einer lieblosen Mutter habe er sich für den Bass entschieden. Doch ganz ohne krass erotische Zuwendung gegenüber dem Instrument geht es dann doch nicht ab . . .

Der Mann, der fahrig in Freizeithose, Poloshirt und Hausclogs durch seine schallinsolierte Wohnung huscht, ist eine komische Figur. Eine, die unbedingt Gehör finden will, das zeigt Ophelders mit gewinnendem, strahlendem Lächeln, bei dem allein die gebleckten Zähne auf Parodie hinweisen. Der Musik-Neurotiker hat eine Menge Wissenswertes parat. Daraus klingen auch Überzeugungen des Autors Patrick Süskind (67). So polemisiert der vereinsamte Musiker gegen Richard Wagner und bedauert Mozarts Abrichtung zum Kinderstar. Wagner sei ein Orchesterverächter gewesen, erklärt er und gibt als Beleg an, dass Wagner das Orchester im Bayreuther Festspielhaus in die Totalversenkung befehligte.

Spätestens nach einer Stunde hat "Der Kontrabass" sein Pulver verschossen, allein durch Situationskomik (und anrührende Verzweiflungsszenen) kann der Akteur die Spannung aufrechterhalten. Insofern hatte es Gerhard Piske vor 1985 mit seiner auf 60 Minuten verknappten Spielfassung leichter als der Darsteller in der aktuellen Inszenierung Jürgen Lorenzens. Unstrittig freilich, dass Michael Ophelders, der seine erste Begegnung mit dem hiesigen Theater 1990 als Gast in einer Inszenierung des Musicals "Der kleine Horrorladen" (als Killerpflanze Audrey II.) erlebte, hinreißend viele mimische Register der Spielkunst zu ziehen versteht. Für sein hochkonzentriertes, stets textsicheres Agieren verdiente er den dankbaren Applaus des Premierenpublikums ohne Wenn und Aber.

Weitere Vorstellungen: 23. Oktober, 12. November, 28. Dezember; 12. Januar 2017, 7. Februar, 10. März, 22. April, 13. Mai und 24. Juni 2017, jeweils 20 Uhr; Karten: 02166 6151-100.

(ri)
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