Mönchengladbach Singende Zeitungsleute

Mönchengladbach · Der Werkschor der Rheinischen Post unter der Leitung von Wolfram Goertz sang bei der „Musik zur Marktzeit“ in der Citykirche am Alten Markt zum ersten Mal öffentlich. Und das wirklich gut.

 Der Werkschor der Rheinischen Post singt in der Citykirche, und Wolfram Goertz am Flügel dirigiert.

Der Werkschor der Rheinischen Post singt in der Citykirche, und Wolfram Goertz am Flügel dirigiert.

Foto: Isabella Raupold

 Der Name „Werkschor“ erinnert an (zumindest musikalisch) gute alte Zeiten, als etwa im Ruhrgebiet der Nachkriegszeit die großen Unternehmen der eisenverarbeitenden Industrie Chöre unterhielten, in denen mal locker 300 Leute singender Weise ihre Freizeit gestalteten. Mit teils herausragenden Ergebnissen. Die Zeiten sind vorbei. Was aber nicht bedeutet, dass nicht etwa in Düsseldorf ein umtriebiger Mönchengladbacher Musikredakteur namens Wolfram Goertz auf die Idee kommt, im Haus seines Arbeitgebers, der Rheinischen Post, einen Werkschor zu gründen. Dieses Ensemble hatte jetzt 20-köpfig seinen ersten öffentlichen Auftritt in der Citykirche am Alten Markt. Die Neugierde in Gladbachs Chorszene war so groß, dass für Besucher noch Stühle herbeigeschafft werden mussten. Und der Hörgenuss war beachtlich.

Natürlich geht es, wenn Goertz öffentlich auftritt, meist auch ein bisschen lustig zu. Und so dürfen die Zuhörer schmunzeln, wenn er über seinen und seiner Sänger Arbeitgeber den weitgehend liebevollen Satz sagt: „Das ist die Firma, die uns beschützt, ernährt und irgendwann entlässt.“ Der Rheinischen Post zu Ehren zieren die Chormappen der Sängerinnen und Sänger ein großes goldenes R, in dessen Aussparungen man sich ein unsichtbares P denken kann. Man trägt schwarz, steht traditionell auf den Stufen zum Chor, Goertz hat sich einen kleinen Flügel bestellt, ihm zur Seite steht Wolfgang Engelbertz am E-Bass. Und der Chor singt erst mal Weihnachtslieder.

Und da wird schnell klar, dass diese singenden Zeitungsleute schon ganz schön was drauf haben. In einer klassischen Konzertkritik stünden Bezeichnungen wie „homogenes Klangbild“, „gute Textverständlichkeit“, „dynamisch differenziert“ oder „organisch phrasiert“. Man kann aber auch einfach sagen, der RP-Werkschor ist schon zu so etwas wie einem Ensemble zusammengewachsen. Die Frauen und Männer singen ohrenscheinlich gern, keine Einzelstimme dominiert, man singt ohne Druck und mit Lust an den kleinen Feinheiten, auf die der Dirigent Wert legt. „We Wish You A Merry Cristmas“ zum Beispiel, an sich kein allzu anspruchsvoller Weihnachstspaß, endet in einem feinen Leiserwerden. Wie ein kleines Sternenfunkeln klingt das. Und strahlt auch so aus den Gesichtern der Sänger. Sogar einen wirklich schönen A-cappella-Satz hat der Werkschor drauf, den ihm ihr Leiter komponiert hat. Dieses „Maria durch ein Dornwald ging“ leuchtet ein wenig angejazzt in die melancholischen Abstufungen des alten Liedes. Eine beachtliche Leistung.

Neben Weihnachtlichem hat der Chor Populäres im Programm. Leonard Cohen, Coldplay, die ein bisschen ambitionierte „Bohemian Rhapsody“ von Queen. Den „Magnificat”-Kanon aus Taizé darf und soll das Publikum mitsingen. Außerdem setzt zwischendurch Münsterkantor Klaus Paulsen mit zwei zarten Dubois-Sätzen die wunderbare Orgel in Szene. So füllt sich ein leichtes, erbauliches Stündchen Musik zum dritten Adventssamstag mit der Freude, dass ein neuer Chor mit einem altem Namen auf der Welt ist.

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