Kabarettistisches Konzert in Mönchengladbach Stunk unplugged ist mehr als Karneval

Mönchengladbach · Im Wickrather Kunstwerk trat das zwölfköpfige Ensemble auf. Politische Themen wurden kabarettistisch auf die Schippe genommen. Auch Gesellschaftskritik durfte nicht fehlen. Dabei ging es vor rund 350 Gästen gewohnt bissig zu.

 „Stunk Unplugged“ hieß es auf der Bühne des Wickrather Kunstwerks. Da ging es ganz schön skurril zu.

„Stunk Unplugged“ hieß es auf der Bühne des Wickrather Kunstwerks. Da ging es ganz schön skurril zu.

Foto: Jürgen Körting

Da war der rote Glitzerhut auf dem Tisch, den ein Besucher mitgebracht hatte. Er spiegelte im Wickrather Kunstwerk die Unsicherheit darüber wider, worum es denn bei der „Stunk Unplugged – Tour 2019“ geht. Eine Karnevalsveranstaltung im Wonnemonat Mai? Mitnichten, obwohl sogar mal kurz geschunkelt wurde. Aber karnevalistische Elemente sollten Randerscheinungen bleiben. Die zwölf Akteure bezeichnen sich gerne als „das größte Kabarett-Ensemble der Bundesrepublik Deutschland“. Und ihr buntes Programm beschreiben sie als Kabarett-Comedy-Musik-Revue-Show. Die rund 350 Besucher dürften sich gut unterhalten gefühlt haben.

Das E-Werk in Köln ist ihr „Wohnzimmer“, aber im Kunstwerk fühlte sich das Ensemble auch schnell heimisch. Und die Zuschauer merkten sehr bald, dass die Reise Richtung politisches Kabarett ging. Die letzte Veranstaltung der Reihe „Wintermusik“ mit zwölf Stimmungskanonen – sie beschrieben Wickrath als den Ort, wo die Stimmung zu Hause ist – regte zum Lachen ebenso an wie zum Nachdenken. Biggi Wanninger war viel mehr als eine witzig-geistreiche Moderatorin. Ihr Tipp: „Lieber Horst Seehofer absägen als die Bäume im Hambacher Forst.“

Das Konzept von „Stunk Unplugged“ ist so angelegt, dass Langeweile keine Chance hat. Die Sketche sind kurz, die Akteure in zum Teil schrillen Outfits wechseln schnell. Da ist zum Beispiel die aufgestylte Philosphie-Lehrerin, die Epikur für eine Beinenthaarung hält. Der Bildungsnotstand wird aber auch im Stile eines Sportreporters deutlich gemacht. Die Erkenntnis: Die deutsche Rechtschreibung ist für die Schüler ein unbezwingbarer Gegner. Da wird der Klassenerhalt fraglich. Was sehr schnell auffiel: Alle zwölf Ensemblemitglieder sind „Mehrzweckwaffen“. Sie sind wortgewaltig, überzeugen aber zugleich auch als Musiker.

Zwei Altenpflegerinnen aus Sibirien wundern sich, wie der Pflegenotstand in Deutschland gepflegt wird, wunderbar der Sketch, in dem die Psychiaterin fragt und der Patient seine Antworten auf Emojis reduziert – bis es allzu menschlich wird. Dann kann er sogar sprechen. Dass der vernetzte Haushalt seine Tücken hat, war den „Stunk“-Leuten ebenfalls einen Sketch wert. Eine Frage in diesem Zusammenhang: Wie soll der Bräutigam die Braut über die Schwelle seines Hauses tragen, wenn die künstliche Intelligenz dagegen ist? Auch die Political Correctness spielte eine Nebenrolle: Ist das Stimmungslied „Es ist noch Suppe da“ angemessen in Zeiten, wo Millionen Menschen nicht genug zu essen haben? Oder ist das vielleicht sogar der Anfang vom Ende des Stimmungsliedguts?

Auch „Alexa“ und der Thermomix sind Auslöser für eine kritische, aber doch auch heitere Auseinandersetzung. Ein Höhepunkt des Abends: Bruno Schmitz und Biggi Wanninger begeistern als stimmgewaltiger Luciano Pavarotti beziehungsweise als Montserrat Caballé. Das Besondere an diesem Auftritt: Im Belcanto-Stil bringen sie Ballermann-Hits auf die Bühne wie den von den zehn nackten Frisösen. Das geschieht im Rahmen von „The Night oft the Prolls“.

Am Ende des Abends stane die Feststellung, dass Stunksitzungen nicht nur im Kölner Karneval funktionieren, sondern ganzjährig.

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