Museum Abteiberg in Mönchengladbach Kunstwerke aus dem Blickwinkel der Restauratorin

Mönchengladbach · Nicola Diels ringt als Restauratorin mit natürlichem Zerfall und Vandalismus. Sie führte durchs Museum Abteiberg.

 Rundgang mit der Restauratorin Nicola Diels durch die Werkstatt im Museum Abteiberg. Die Expertin erklärte, wie Kunstwerke erhalten werden.

Rundgang mit der Restauratorin Nicola Diels durch die Werkstatt im Museum Abteiberg. Die Expertin erklärte, wie Kunstwerke erhalten werden.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Die Ansage ist eindeutig: „Achtung Kunst. Bitte nicht anrühren“, stand auf der Pappkarte an einer von Dieter Roth aus Schokolade gearbeiteten Figuren. Diese wird bald wieder ihren Platz im Ausstellungsbereich des Museums Abteiberg einnehmen. Der Zustand ist nach einem Aufenthalt in der Restaurationswerkstatt erst einmal gesichert – wenn auch die Oberfläche nicht zum Anbeißen appetitlich aussieht. Doch ein gewisses Maß an Zerfall müsste der Künstler einkalkuliert haben. Schließlich sind Lebensmittel besonders schwierig zu restaurieren.

Die Besucher in der Restaurierungswerkstatt nahmen die Erklärung mit einem Nicken hin. Sie nutzten den europäischen Tag der Restaurierung für einen Blick hinter die Kulissen der Ausstellungsräume. Muss ein Kunstwerk restauriert werden, ergeben sich viele Fragen: Wer ist der Künstler? Wie ist die Beschaffenheit von Material und Aufbau? Darf das Objekt angefasst werden? Gibt es Alterserscheinungen, Beschädigungen und wenn ja, wodurch? „Wir kartieren alles und überlegen uns dann ein Konzept“, erklärte Restauratorin Nicola Diels, die seit November vergangenen Jahres im Museum beschäftigt ist. Die Restauratorin betonte, dass Spuren der Zeit zum Kunstwerk dazu gehören und daher ein mittelalterliches Retabel niemals in den leuchtenden Farben seiner Entstehungszeit wiederhergestellt werde. „Wenn ich übermale, ist das auch eine Interpretation von früher.  Ich weiß nicht, wie frisch die Farben im Originalzustand waren, ob die Farben mit einem dicken Pinsel aufgetragen oder aufgetupft wurden“, erklärte sie hierzu. Ein Restaurator sollte nicht versuchen, ein erhaltenes Werk zu verbessern.

Am Beispiel eines Armrelikts mit abgeplatzter Malschicht sprach sie über Maßnahmen zur Prävention, um etwa ein angemessenes Raumklima zu halten.  Temperatur sei ein Maß für die Energie, die einen Zerfallsprozess beschleunigt. „Es ist besonders schwierig, wenn wir Materialkombinationen mit unterschiedlichen Ausdehnungsprozessen haben“, so Diels. Fehlten in einem Gemälde riesige Flächen, von denen keiner wisse, wie sie im Original aussahen, werde die freie Fläche oft in de Hintergrundfarbe eingefärbt. An einem niederländischen Holztafelgemälde aus dem 17. Jahrhundert, zu Gast aus dem Museum Schloss Rheydt, zeigte sie Spuren von früheren Überarbeitungen.

Diels ist für die Kunst im öffentlichen Raum zuständig, während Christine Adolph, Leiterin der Werkstatt, auf Werke im Innenraum spezialisiert ist. So bat Diels natürlich auch zum Rundgang durch den Skulpturengarten. Die Besucher waren vorbereitet, dass sie Claes Oldenburgs Skulptur „Soft inverted Q“ nicht sehen würden. Wegen der Beschädigung der Fassung durch UV-Strahlen und Wind im eigentlich leuchtenden Pink wurde das drei Tonnen schwere Werk abgebaut und zur Restaurierung nach Süddeutschland verfrachtet. „Restauration ist auch Projektsteuerung. Frau Adolph hat alle Gewerke zusammengebracht, auch in Abstimmung mit dem Künstler“, so Diels.

Beim „Krönungsstuhl“ von Anatol erklärte die Restauratorin, dass herabfallendes Laub und Dreck die Korrosion des Werkes beschleunigen könnten. „Ich laufe jede Woche hierher und kehre auf. Korrosion wäre der Sargnagel für das Werk.“ Mit Blick auf Stefan Kerns Bauhaus berichtete sie von den Herausforderungen, die das Baumwachstum an das Werk stellt. Bald wird sich die Kastanie an den Kanten des Lochs in der Plattform reiben. Der Baum werde sich durchsetzen, habe der Baumpfleger prognostiziert. In absehbarer Zeit muss über eine Lösung entschieden werden.

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