Andrea Bowers Protest-Kunst segelt auf dem Abteiberg

Mönchengladbach · Politisches Engagement und künstlerische Arbeit sind für die US-Amerikanerin Andrea Bowers nicht zu trennen. Ihre Ausstellung „Grief and Hope“ ist im Museum ab Sonntag zu sehen.

 Das „Radical Feminist Pirate Ship“ von Andrea Bowers ist jetzt im Museum Abteiberg aufgebaut.

Das „Radical Feminist Pirate Ship“ von Andrea Bowers ist jetzt im Museum Abteiberg aufgebaut.

Foto: Ilgner,Detlef (ilg)/Ilgner Detlef (ilg)

Direkt am Eingang des Museums Abteiberg erwarten den Besucher politische Statements. „Water is life.“ „Es gibt keinen Plan B(ee).“ „Plastikverbot statt Artentod.“ Auf bunten Bändern zum Mitnehmen sind die Slogans aus der ökologischen Bewegung aufgedruckt.

„Grief and Hope“, Trauer und Hoffnung – in dieser großen Ausstellung finden die Besucher beides: erschütternde Dokumentationen über den Raubbau an der Erde ebenso wie Hoffnung machende Berichte über Aktivisten und ihre Maßnahmen gegen Ausbeutung und Zerstörung. Dass Fragen der Ökologie auf hochästhetische Weise in Bilder und (Künstler-)Bücher umgesetzt werden und nagende Fragen des Zeitgeschehens auf ungewöhnlich reizvolle Weise künstlerisch dargestellt werden können, das beweist die Ausstellung „Grief and Hope“ mit Arbeiten der in Los Angeles lebenden Künstlerin Andrea Bowers, die am Sonntag, 15. März, um 12 Uhr im Museum Abteiberg eröffnet wird.

 Andrea Bowers, Selbstporträt mit Farbstift auf Papier.

Andrea Bowers, Selbstporträt mit Farbstift auf Papier.

Foto: Andrea Browers

Es ist eine von zwei großen deutschen Überblicksausstellungen der 1968 geborenen Künstlerin. Andrea Bowers studierte am California Institute of the Arts in Valencia, Kalifornien. Seit 20 Jahren setzt sie sich als Künstlerin und Aktivistin mit Ökologie, Umwelt- und Klimaschutz sowie mit der Unterdrückung von gesellschaftlichen Randgruppen auseinander.

Eine Videoarbeit erklärt, wie man einen hohen Baum erklettern kann – die Aktivistin Andrea Bowers nutzte diese Kenntnis, um zu versuchen, die Rodung des Waldes „Arcadia“ zu verhindern – dass es nicht gelang, zeigt ein zweites Video. Nicht weit von den Filmen entfernt sind die kreativen Sitze installiert, die die Waldschützer in Kalifornien während ihrer Protestaktionen („tree sitting“) in die Bäume montieren – analog zu den Baumhäusern, die die Protestler im Hambacher Forst bauten.

 Rundgang zur Ausstellung von Andrea Bowers im Museum Abteiberg.

Rundgang zur Ausstellung von Andrea Bowers im Museum Abteiberg.

Foto: Ilgner,Detlef (ilg)/Ilgner Detlef (ilg)

Während der Vorgespräche mit dem Museum im letzten Herbst interessierte sich Bowers sehr für die Protestbewegungen in der näheren und weiteren Nachbarschaft Mönchengladbachs, wie Garzweiler oder eben der Hambacher Forst, erzählt Susanne Titz. Sie traf lokale Aktivisten. Eine spezielle Arbeit zu einem der lokalen Themen erstellte sie nicht. Doch ein interdisziplinäres Rahmenprogramm, das noch veröffentlicht wird, nimmt diese Themen auf.

Lokale Bezüge aber gibt es im Künstlerischen: Neben dem Revolutionsklavier von Joseph Beuys steht ein Klavier, das Petra Kelly, Gründungsmitglieder der Grünen, gehört hat. Beuys und Kelly waren gut befreundet und führten den Wahlkampf miteinander. Gespräche, die die beiden über die Zukunft der Welt führten, verarbeitet Bowers gerade noch in einer Soundcollage, die in der Ausstellung zu hören sein wird. Die Begriffe, die damals aktuell waren, haben an Brisanz nichts verloren: der Zusammenhang zwischen Ökonomie und Ökologie, die Systemkrise. In Bremen reagierte Bowers mit zwei Zeichnungen auf geplante Fällungen von Platanen in der Stadt. Sie sind in Mönchengladbach zu sehen: Auf unnachahmliche Weise zeichnete sie Ahornblätter, in die sie Sätze wie „Everything I need to know I learned in the forest“ der indischen Globalisierungskritikerin Vandana Shiva notiert.

Im Raum für Wechselausstellung hängt eine riesige Stofffläche in verschiedenen Blautönen und mit einer genähten Zeichnung überzogen. Sie versperrt Blick und Zugang. Schön ist sie, aber auch erschreckend, spätestens dann, wenn die genähte Zeichnung mit Hilfe eines gegenüber aufgehängten Fotos als Zaun erkannt wird. Ein Grenzzaun ist auf dem Foto, der die Unerwünschten abhält.

Die in Los Angeles lebende Künstlerin Andrea Bowers konnte wegen des Coronavirus’ und der damit verbundenen Einreiseeinschränkungen zurück in die USA nicht nach Mönchengladbach reisen. Susanne Titz und ihre Aufbauhelfer besprachen über ein Videotelefonat mit Andrea Bowers den Aufbau der umfassenden Ausstellung.

Am 17. Mai ergänzt eine Forschungsausstellung aus dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte München „Hans Haake. Natur. Politik“ die aktuelle Ausstellung. Beide gehen bis zum 30. August.

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