Mönchengladbach Meisterkonzert mit Tango: Lasterhaftes wird zum Kult

Mönchengladbach · Papst Pius X. verbot den Katholiken den Tango. Für den Siegeszug des Tangos war die natürlich förderlich.

Verbotenes kann bekanntlich sehr reizvoll sein. Das gilt auch für den Tango. Um 1900 im Rotlichtmilieu von Buenos Aires entstanden, galt der Tanz mit prickelnd enger Tuchfühlung in bürgerlich konservativen Kreisen als unfein. Nicht nur das. Dem Nachwuchs „aus gutem Hause“ wurde er untersagt, Papst Pius X. verbot den Katholiken dieses lasterhafte Treiben. Für den Siegeszug des Tangos war dergleichen natürlich nur förderlich.

Längst ist der Tango nicht mehr verboten, und es zeigt sich, dass auch das Erlaubte seinen Reiz hat. Seine Beliebtheit ist längst milieuübergreifend, nicht zuletzt hat der Tango Nuevo längst seinen Weg in die seriösen Musentempel gefunden. So fand die „muziek biennale Niederrhein“ mit „Tango – vom Verbot zum Kulttanz“ beim ersten Meisterkonzert im Theater Mönchengladbach ein begeistertes Publikum.

Das war natürlich auch ein Verdienst der jungen, sympathischen Musiker des „Ensemble 87“. Dahinter verbirgt sich zunächst das international preisgekrönte „Xenon“-Saxophonquartett mit Lukas Stappenbeck (Sopran-), Anze Rupnik (Alt-), Adrian Durm (Tenor-) und Benjamin Reichel (Baritonsaxophon). Nun lässt sich auf Saxophonen natürlich problemlos Tangomusik spielen, aber der typische Sound ist auf ihnen nicht zu erzielen. Abhilfe schuf die Erweiterung des Ensembles zum Sextett durch Krisztián Palágy mit dem Knopfakkordeon und Sergey Markin am Klavier.

Im Mittelpunkt des Abends stand Astor Piazzolla. Der ließ sich seinerzeit von Vivaldi zu vier anderes gearteten Jahreszeiten anregen. Er kombinierte seinen ureigenen Tango Nuevo mit Jazz- und Klassik-Elementen und verlegte das Ganze in die Lebenswelt von Buenos Aires. Schnell war klar, dass man es mit sechs großartigen Musikern zu tun hatte. Das Akkordeon Palágys verfügt nicht nur über ein Bandoneon-Register. Problemlos lassen sich auf ihm auch die scharfen Akzente erzeugen, die für den Tango typisch sind.

Nicht nur Piazzolla stand auf dem Programm. Der ukrainische Komponist Vladimir Zubitsky widmete dem Altmeister des Tango Nuevo eine Würdigung für Akkordeon Solo, mit der Palágy seine große Virtuosität unter Beweis stellte. Anspruchsvolle Soli spielten sie alle, unter anderem auch Markin, der Pianist, mit drei „Danzas Argentinas“ von Alberto Ginastera. Der war ein Lehrer Piazzollas und schrieb unter anderem den „Tanz des arroganten Cowboys“.

Zwei Zugaben rundeten nach begeistertem Beifall den kurzweiligen Abend ab.

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