Führung in Mönchengladbach So arbeiten Restauratoren mit Kunstwerken

Mönchengladbach · Christine Adolphs hat in einer Führung am Museum Abteiberg über die Herausforderungen ihres Berufsstandes berichtet. Der erfordert umfangreiches Wissen, eine ruhige Hand und viel Geduld.

 Am Europäischen Tag der Restaurierung erklärt Christine Adolphs (r.) auch, wie Farbe hergestellt wird. Der 16-jährige Daniel kann das direkt ausprobieren.

Am Europäischen Tag der Restaurierung erklärt Christine Adolphs (r.) auch, wie Farbe hergestellt wird. Der 16-jährige Daniel kann das direkt ausprobieren.

Foto: Markus Rick (rick)

An das gleichmäßige Summen der Klimaanlage hätten sich die Besucher vielleicht rasch gewöhnt. Doch kaum angekommen in den Restaurierungswerkstätten des Museums Abteiberg, hörten sie von hohen Anforderungen an das Raumklima. Denn mit den explodierenden Energiekosten und dem Klimawandel steigen auch die Herausforderungen an den Umgang mit Kunstwerken. Vor diesem Hintergrund schien der monotone Ton schon fast eine mahnende Wirkung zu entfalten, während Christina Adolphs einen Einblick in ihrer Arbeit gab. An allen Häusern werde derzeit überlegt, wie auf die aktuellen Herausforderungen am besten reagiert werden könne, sagte die Restauratorin.

Adolphs führte zum Europäischen Tag der Restaurierung, dessen Ziel die Sensibilisierung für die Bedeutung des kulturellen Erbes, die Schlüsselrolle der Restauratoren und deren Verantwortung in der Kulturguterhaltung ist, durch die Werkstätten und den Sammlungsbereich des Museums Abteiberg. Für etliche Teilnehmer war es nicht der erste Besuch hinter den Kulissen der Ausstellungsräume. Doch auch für Wiederkehrer dürften die Einblicke in die vielfältigen Aufgaben eines Restaurators immer noch spannend und aufschlussreich gewesen sein. Die interessierten Besucher lernten den Berufsstand des Restaurators als weit gefasstes Aufgabenfeld kennen, das großes Wissen, Geduld und Fingerspitzengefühl in der Arbeit wie auch mitunter im Umgang mit Erben von Kunstwerken und Foundations voraussetzt.

Seit fast zwanzig Jahren sei sie als Restauratorin für die Kunst der Museum Abteiberg und Schloss Rheydt zuständig, erzählte Christine Adolphs zu Beginn. Sie komme aus der „klassischen Ecke“, habe sich in den beiden letzten Studiensemestern aber auf moderne Kunst spezialisiert und wolle mit der Führung auch für ihren Beruf werben. Adolphs betonte, dass die Eingriffe eines Restaurators reversibel, also umkehrbar und damit rückführbar sein müssten. Der Blick sollte wertfrei und damit „immer technisch“ sein, führte sie aus.

Spätestens beim Blick durch ein Mikroskop dürften ihre Gäste erkannt haben, wie viel Feingefühl und Geduld für die Reinigung zweier wunderschöner Elfenbein-Reliefs aus der Sammlung im Schloss von Nöten sind. Am Beispiel eines Armreliquiars aus dem 16. Jahrhundert gab es eine kleine Einführung in die alte Technik der Vergoldung. Ebenso wurde den Gästen bewusst, wie das Restaurieren von Werken aus organischen und damit besonders leicht verderblichen Materialien in der modernen Kunst dem Restaurator oft schwierige Lösungswege und ein Experimentieren an eigens hergestellten Dummies abverlangt.

Mit dabei hatte Adolphs auch passende Anekdoten: Dieter Roth habe bei seinen Schokoladenbüsten den Zerfall gar mit eingeplant, so die Restauratorin. Fast schon einem Krimi gleich, kam ihre Erzählung über Niki De Saint Phalles Werk, das beim Sturz von der Wand stark beschädigt wurde, aber glücklicherweise für die Kunstwelt gerettet werden konnte. „In dem Moment bleibt die Welt stehen“, kommentierte Adolphs rückblickend den seinerzeit erlebten Schock. Restauratoren müssten doch perfekte Fälscher abgeben können, sinnierte eine Besucherin. Damit gab sie die Steilvorlage für den Namen Wolfgang Beltracchi – ein ehemaliger Kunstfälscher aus Deutschland.

Von der Werkstatt führte Adolphs in den Bereich der Anlieferung. „Hier setzen klimatisierte Lastwagen rückwärts rein“, sagte sie mit einer Geste zu den verschlossenen Toren. Sie berichtete von Klimakisten, die oft eigens für die Reise von Werken hergestellt und von einem Kurier begleitet würden. Allerdings würde derzeit die Notwendigkeit von Kunstkurieren neu überdacht. Und in den sensiblen Bereich des grafischen Magazins durften die Kunstinteressierten zumindest für einen Moment einzeln eintreten.

Nach dem Besuch des öffentlich zugänglichen Schaumagazins endete die Führung vor Alexander Calders Außenplastik auf der Museumsterrasse. Das Werk, dessen einst tiefschwarze Farbe zum Grau verblichen ist, soll ab dem kommenden Jahr in einem ersten Schritt restauriert werden.

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