Führung im Museum Abteiberg Einblick in einen Fluxus-Feldversuch

Mönchengladbach · Ulrike Engelke stellte im Schaumagazin des Museums Abteiberg Positionen der Fluxus-Bewegung vor. Entscheidend bei der avantgardistischen Kunstrichtung der 1960er Jahre ist die schöpferische Idee.

 Führung mit Ulrike Engelke durch die Fluxus-Ausstellung im Schaumagazin des Museums.

Führung mit Ulrike Engelke durch die Fluxus-Ausstellung im Schaumagazin des Museums.

Foto: Ilgner,Detlef (ilg)/Ilgner Detlef (ilg)

Am Schrubber hängt eine Nachricht, angeblich von Mona Lisa: „Bin in zehn Minuten zurück“, steht da geschrieben. Wer dächte bei diesem Namen nicht an die geheimnisvoll lächelnde Dame auf Leonardo da Vincis berühmten Ölgemälde?

Die Irritation sei vom Künstler Robert Filliou beabsichtigt. „Er möchte zeigen, dass es in unserem Kunstverständnis unverrückbare Logenplätze gibt, die junger Kunst keinen Platz einräumen“, sagte Ulrike Engelke zu der auf ein Podest gestellten Installation. Nur die Nachricht ist original vom Künstler geschrieben. Eimer und Schrubber aber stammen aus dem Haus des Kunstsammlers Erik Andersch. Die Konzeptkunst wollte die Kunst vom Sockel holen. Damit sei die Art der Präsentation eigentlich falsch, doch das Werk inzwischen so wertvoll, dass es nun doch auf den Sockel gekommen ist, erzählte die Kunsthistorikerin vom schwierigen Anspruch, allen Facetten gerecht zu werden.

In der Führung durch das Schaumagazin gab sie anschaulich Einblick in den Feldversuch #2 zu Sammlung/ Archiv Andersch. Seit Erwerb von Anderschs Kunstsammlung, Archiv und Bibliothek im Jahr 2017 besitze das Museum Abteiberg die drittgrößte Fluxus-Kollektion, hob Engelke hervor. Über vier Jahre habe es gedauert, bis das umfangreiche Konvolut aus dem Privathaus geholt und archiviert war.  Die Annäherung an den Bestand sei daher in einer Reihe von „Feldversuchen“ angelegt.

Der alphabetischen Abfolge entsprechend stehen im aktuell zweiten Feldversuch Künstler von B bis F, also George Brecht bis Robert Filliou im Fokus. Wenn alle Künstler von A bis Z vorgestellt sind, soll im großen Bereich Zugang und Forschung möglich sein. Jetzt schon können im „Kleinen“ dafür Schubladen aufgezogen werden, die wie die Vitrinen von lichtundurchlässigem Spezialglas geschützt sind.

Engelke führte aus, dass die von George Maciunas mitbegründete Kunstrichtung ihren Namen dem lateinischen Fluxus für „fließend“ entlehnte. Das entspreche der Vorstellung vom fließenden Übergang zwischen Kunst und Leben. Die Kunsthistorikerin beschrieb die Fluxus-Künstler als international gut vernetzte Gemeinschaft, der auch Feiern und Musik wichtig waren. Wesentlich sei die schöpferische Idee gewesen. So habe zum Beispiel George Brecht Karten mit Aktionsvorschlägen verschickt, die er in Anlehnung an die Musik seine Partituren nannte.

Engelke wies in einer der Schubladen auf Fillious Box „Poussière de poussière de l´effet“. Sie birgt den Staub, den der Künstler in Museen von bedeutenden Kunstwerken abstaubte und verkaufte – auch um Museen als verstaubte Institution bloßzustellen. Im Bestreben nach einer Demokratisierung von Kunst habe Beuys Multiples geschaffen. Doch die seien inzwischen entgegen der Ursprungsidee kaum bezahlbar.  Engelke erzählte ebenso von Anderschs Freundschaft zu Fluxus-Künstlern: Der mittellose Künstler Nam June Paik habe oft bei dem Ehepaar Andersch in Düsseldorf übernachtet, während sich der Kunstsammler nie zu schade gewesen sei, Aktionen der Fluxus-Künstler zu unterstützen. Am Beispiel von Fillious „Sémantique générale“ im Parterre Bereich des Museums dokumentierte Engelke, wie gut sich die Andersch-Sammlung an den zuvor gegebenen Museumsbestand anbindet.

Beim nächsten Feldversuch wird voraussichtlich Anderschs Wohnzimmer mit seinen vielen Bücherregalen, Bildern und Blumen nachgebaut, so Engelke. Hier dürften sich die Besucher tatsächlich in die nachempfundene Wohnsituation hineinsetzen und die fließenden Grenzen zwischen Kunst und Leben spüren.

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