Kloster Neuwerk in Mönchengladbach Einen Tag lang Stille

Neuwerk · Die Salvatorianerinnen des Klosters Neuwerk haben Gästen einen Tag der Stille angeboten. Unsere Autorin hat es ausprobiert. Wie die Suche nach Ruhe funktioniert hat und was dabei geholfen hat, die inneren Stimmen verstummen zu lassen.

 Unsere Autorin Sigrid Blomen-Rademacher hat im Kloster Neuwerk die Stille gesucht.

Unsere Autorin Sigrid Blomen-Rademacher hat im Kloster Neuwerk die Stille gesucht.

Foto: Rick, Markus (rick)/Markus Rick (rick)

„Ich geh ins Kloster“ – Der Satz rief in den vergangenen Tagen höflich-erstaunte Gesichter im Freundeskreis hervor. Erst der Zusatz: „Für einen Tag!“ ließ die Mimiken sich entspannen.

Die Salvatorianerinnen des Klosters Neuwerk boten einen „Tag der Stille“ an. 30 Menschen kamen. „Ein Tag der Stille“ scheint ein tiefes Bedürfnis in den Menschen widerzuspiegeln, bei allen Problemen, die uns täglich lauthals begegnen, einfach mal hinter die dicken Klostermauern zu treten und die Welt draußen lassen zu können. Zur Ruhe zu kommen. Ob das überhaupt funktioniert? Ist Stille möglich? Einen Versuch ist es wert.

Hinter mir liegt eine laute Woche: Viele Gespräche habe ich geführt, Seminare und Diskussionen geleitet, im Zug bin ich mit unüberhörbar telefonierenden oder sich munter unterhaltenden Menschen gereist, habe mit den kleinen Enkeln getobt und lustvoll mit ihnen gebrüllt. Da ist die Sehnsucht nach einem Tag der Stille groß, danach, den Kopf frei zu schweigen. Der Tag, soviel vorweg, entwickelt sich nach einer Suche nach der Stille.

Die gastfreundlichen Salvatorianerinnen haben den Tag gut vorbereitet. Nicht nur ist mit einem stets greifbaren und nie versiegenden Angebot an Kaffee, Wasser, Keksen und Kuchen (sowie einem leckeren Mittagessen) dafür gesorgt, dass kein knurrender Magen die Stille stört. Sie haben überdies Angebote des kreativen Tuns, der geführten Meditation, eines Films oder einer Bildbetrachtung zusammengestellt. Der Tag steht unter dem Motto „Natur“. Außerdem – schließlich sind wir im Kloster – ist der Tag durch Morgenlob, Mittagsgebet und Vesper strukturiert.

Schon beim Warten auf den Beginn des Morgenlobs merke ich, wie schwierig die Sache mit der Stille ist. Gespräche der Teilnehmer, die meist paarweise gekommen sind, dringen in die Kirche. Ein Schweigegebot existiert nicht. Die Stimmen in meinem Kopf halten ihre Klappe nicht und zischen mir zu, was alles Dringendes ansteht: Ich muss die Termine für Dienstag planen, endlich mal diesen einen schwierigen Text angehen, der kleine Philip hat sein Seepferdchen geschafft, den ruf ich gleich morgen an und musste ich nicht auch noch ….. Stop! Das wird zu laut in meinem Kopf. Ich erinnere mich an eine Yogaübung: „Wenn unerwünschte Gedanken kommen, setzen Sie sie auf eine Wolke und lassen Sie sie ziehen.“ Es wird sehr wolkig über mir. Aber die Lieder und Gebete des Morgenlobs tun gut und durchbrechen mein Gedankenkarussell. Schon merkwürdig, dass ich Töne zu benötigen scheine, um stiller zu werden.

Nach dem Morgenlob entscheide ich mich für das Angebot einer Bildbetrachtung des „Großen Gärtners“ von Nolde. Doch rasch stelle ich fest, dass es zwar ein schöner Gedanke ist, sich von einem Bild die alten Gedanken vertreiben zu lassen – aber mir persönlich sind das heute zu viel der Worte. Ich ergreife die Gelegenheit, den Garten des Klosters zu erkunden. Hier finde ich Blumen, einen alten Kreuzweg, ein Gartenhaus. Ich ziehe meine Schuhe aus und laufe barfuß auf und ab. Herrlich nutzlos. Schon nah dran an meiner Stille. Beim Weitergehen aber finde ich ihn dann, meinen Ort der Stille: den lautlosen Innenhof des Klosters. Ich habe ihn für mich allein. Unter den Linden, die hoch in den blauen Himmel aufragen, vor dem sanft und leise plätschernden Brunnen, da verstummen endlich die inneren Stimmen. Als die Sirenen des Krankenwagens, die draußen vorbeifahren, an mein Ohr dringen, wird mir klar. Die Welt da draußen ist immer da. Aber ich darf diesen wunderbaren Ort genießen. Darf die guten Angebote annehmen oder ausschlagen, niemand ist mir böse. Der Tag der Stille ist meiner und das Kloster bietet mir einen guten Rahmen dafür.

Ich habe dann noch einen zweiten Ort der Stille für mich gefunden. Erfüllt von vielen Büchern und dem unnachahmlichen Duft alter Buchseiten, bietet die Bibliothek mir alle Ruhe, die ich brauche.

Und einen Vorsatz habe ich gefasst: Morgen früh lauf ich vor Tau und Tag barfuß durch meinen Garten. Wäre doch gelacht, wenn ich nicht einen Moment der Stille in meinen Alltag eingebaut bekäme.

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