Theaterpremiere in Mönchengladbach Der emanzipierte Holländer

Mönchengladbach · Am Sonntag feiert mit der romantischen Wagner-Oper „Der fliegende Holländer“ die größte Theaterproduktion der Spielzeit Premiere. In der Inszenierung steht nicht der Holländer selbst im Vordergrund, sondern seine junge Geliebte Senta.

 Senta als starke und emanzipierte Frau gibt es am Theater Mönchengladbach zu sehen.

Senta als starke und emanzipierte Frau gibt es am Theater Mönchengladbach zu sehen.

Foto: Matthias Stutte

„Das ist ziemlich gut. Aber bring noch etwas mehr Charakter rein“, sagt Regisseur Roman Hovenbitzer zum Fliegenden Holländer. Es ist eine der letzten Proben vor dem großen Auftritt. Texte und Töne sitzen, das Bühnenbild ist fast fertig und die Souffleuse kennt die Dialoge auswendig. Hovenbitzer muss nicht mehr allzu oft unterbrechen, die geprobten Szenen des dritten Aufzugs werden nur noch für den Feinschliff pausiert. Zwischendurch fühlt es sich gar nicht wie eine Probe an. Mit ihren Stimmen durchdringen die Sänger den Raum auch ohne Orchester. Nur das fehlende Publikum und die Uhrzeit erinnern daran – es ist zehn Uhr morgens. Für die Solisten Johannes Schwärsky, Ingegjerd Bagøien Moe und Ralph Ertel stehen vier Stunden Probe an. Am Abend, von 18 bis 22 Uhr, werden weitere vier Stunden gemeinsam mit dem Haus- und dem Extrachor geprobt. Seit Anfang August ist das Alltag für die Solisten der großen Wagner-Oper.

Mit dem Fliegenden Holländer steht die größte Produktion der Spielzeit auf dem Programm. Das bedeutet aufwendige Planung und Organisation. Vor einem Jahr haben die Vorbereitungen begonnen. „Wir haben erst einmal geschaut, in welchem Rahmen die Produktion stattfinden soll“, sagt Dramaturgin Ulrike Aistleitner. Das Ergebnis dieser Entscheidung lässt sich am besten in Zahlen ausdrücken: Für die Oper werden auf der Bühne neben den Solisten 70 Orchestermusiker und 70 Sänger stehen. Nicht nur der Hauschor ist involviert, sondern auch ein Extrachor. Gemeinsam mit den Maskenbildnern, Technikern und weiteren Mitarbeitern sind um die 150 Menschen am Fliegenden Holländer beteiligt. Wichtig ist auch das Bühnenbild: Die Schiffskulisse nimmt die gesamte Spielfläche ein, die Kostüme sind üppig und pompös – Wagner würde es lieben.

Nur den Inhalt hat der Regisseur auf Zack gebracht. „‚Der Fliegende Holländer‘ ist eine starke Männergeschichte“, sagt Aistleitner. Wagnersche Frauenfiguren sterben entweder den Opfertod oder werden wahnsinnig. „Es ist an der Zeit, das zu hinterfragen“, sagt die Dramaturgin. Deswegen ist Senta in Hovenbitzers Interpretation eine starke und emanzipierte Frau, die im Holländer nicht nur einen Mann sieht, sondern ein Abbild ihrer Träume und ihrer Fantasie. „Sie glaubt an ihre Ideale und ist deswegen eine starke Frauenfigur“, sagt Regisseur Hovenbitzer.

Viele andere Themen werden in der Wagner-Oper angesprochen. Für den Regisseur geht es im Kern um den „Zusammenprall von Geister- und Menschenwelt, von Realität und Irrealität“. Senta möchte aus ihrer Realität entfliehen und sieht im Holländer die Besonderheit, die sie in ihrem Leben sucht. „Die Oper macht Mut, sich an Realitäten zu reiben und an seine Träume zu glauben“, sagt der Regisseur.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort