Chor-Serie Ensemble zwischen sakral und Swing

Mönchengladbach · Seit drei Jahrzehnten steht der gemischte Chor „Cantica Vobis“ für hochkarätige Aufführungen anspruchsvoller Chorliteratur. Seit 27 Jahren leitet die Odenkirchener Kantorin Stephanie Borkenfeld-Müllers das Vokalensemble.

 Der Chor Cantica Vobis probt mit Leiterin Stephanie Borkenfeld-Müllers (4. von rechts) in Odenkirchen.

Der Chor Cantica Vobis probt mit Leiterin Stephanie Borkenfeld-Müllers (4. von rechts) in Odenkirchen.

Foto: Ralf Krawietz/RALF KRAWIETZ

Lob spenden – das scheint für Stephanie Borkenfeld-Müllers zur zweiten Natur geworden. Es ist Probe, die Kirchenmusikerin der Pfarre St. Laurentius in Odenkirchen winkt im Johannes-Giesen-Haus ab: „Die meisten von euch haben es hier genau richtig gemacht: Zwischen den Wörtern maybe und it’s müsst ihr eine kleine Lücke lassen, die Wörter trennen.“ Gleich noch einmal lässt sie, am Klavier begleitend, die Stelle in Gershwins „Somebody Loves Me“ singen, jetzt achten alle 32 Sängerinnen und Sänger des Chores Cantica Vobis auf die gewünschte Phrasierung. „Ein tolles Stück, es wird leider viel zu selten gesungen“, erklärt Borkenfeld-Müllers. Nun erhöht sie das Tempo. „Damit der Swing-Charakter sich richtig entfalten kann“, verrät sie. Und gibt einen Tipp: „Zieht den ersten Ton ein bisschen lang und schiebt ihn dann leger in den zweiten hinein und ebenso dann diesen in den dritten“, lautet ihre Anweisung. Das spontan umgesetzte Ergebnis klingt echt professionell. So muss Swing!

Zuvor hat sie eine Bourrée von Bach im vierstimmigen Satz anstimmen lassen. Der „Text“ besteht ausschließlich aus kurzen Lautverbindungen und Vokalisen wie dum-dum bavadaba-bam oder do-do-do. Die Chorleiterin wirkt zufrieden, lächelt in die Runde und hat eine Bitte für die nächste Probe: „Dann aber bitte alles auswendig – ich helfe beim Text.“ Das ist natürlich ein Witz, der Hinweis sorgt für allgemeine Heiterkeit. Borkenfeld-Müllers erläutert: „Es klingt auswendig gesungen einfach schöner – und mit einem Lächeln in den Augen.“

Richtig flott geht es weiter mit „The Continental“, einem im Ragtime-Stil komponierten Song aus dem oscar-gekrönten Musical-Film „Tanz mit mir“ (Gay Divorcee), in dem Fred Astaire und Ginger Rogers 1934 getanzt hatten. „Da müsst ihr alles an romantischer Ader, das in euch steckt, herausholen“, fordert Borkenfeld-Müllers auf. Und singt mit hell leuchtender Stimme die Sopran-Partie in der Stimmgruppe mit.

Das Jazzprogramm wird für das nächste Konzert „Sing and Swing“ von Cantica Vobis erarbeitet. Die Wurzeln und auch nach wie vor ein starker Akzent der bis zu 35 Aktiven zählenden Formation liegen jedoch bei der Sakralmusik. Die Bindung an Kirchenmusik war bei Gründung des Chores Ende der 1980er-Jahre durch den Mönchengladbacher Kirchenmusiker Theo Dahmen Leitlinie für das Repertoire. Borkenfeld-Müllers führte diese Tradition fort. „Seit einigen Jahren ergänzen wir das aber durch weltliche Musik. Dabei setzen wir für unsere jährlichen Konzerte entsprechende Schwerpunkte“, erklärt der 2. Vorsitzende, Martin Zimmermann. So führte Cantica Vobis (der lateinische Begriff für „Lieder für euch“) bei einem Konzert in Bonn Werke englischer Kathedralmusik auf. Im Februar dieses Jahres interpretierte der Chor, dessen Mitglieder zwischen 16 und 65 Jahre alt sind, in der evangelischen Kirche Wickrathberg skandinavische Vokalmusik. Davor gab es Aufführungen mit italienischer Chormusik oder Filmmusik. Und jetzt eben das Programm „Sing and Swing“.

Darauf bereiten sich die zehn Männer und 22 Frauen, die montagabends aus allen Teilen der Stadt im Odenkirchener Pfarrheim zusammenkommen, derzeit vor. „Unser nächstes Konzert steht unter diesem jazzigen Motto, es ist am Sonntag, 16. September, 17 Uhr, im Carl-Orff-Saal der Musikschule“, informiert Borkenfeld-Müllers. Aber natürlich begeistert sich die Chorleiterin, die mit ihrem Projektchor parallel ein Konzert mit Mendelssohns Oratorium „Elias“ erarbeitet, weiter für Sakralmusik.

„Wenn ich montags die Noten für die Chorprobe bereit lege, empfinde ich jedes Mal große Vorfreude“, sagt Anno Jansen-Winkeln. Der ehemalige Ratsherr und seine Frau Sieglinde haben vor gut zwei Jahren eine Reihe von Chören „abgeklappert“, bei den Proben reingeschnuppert. Dann trafen sie ihre Wahl: Cantica Vobis! Die Arbeit im entspannten Kreis – alle sind per Du – habe ihnen besonders imponiert, weil die lockere Atmosphäre stets mit ernsthafter, anspruchsvoller Sing-Arbeit einhergehe. „Eine so stark und immer positiv motivierende Chorleiterin hatten wir vorher nicht gekannt“, betont die Grundschullehrerin Sieglinde Jansen-Winkeln.

Kontakt: www.cantica-vobis.de; Mail: info@cantica-vobis.de; Proben: montags, 20 bis 21.30 Uhr, Johannes-Giesen-Haus neben der St.-Laurentius-Kirche

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