Konzert in Mönchengladbach Wenn Opern-Stücke im Latino-Stil zu neuem Leben erwachen

Mönchengladbach · Das Ensemble Bolero Berlin eröffnete die Reihe "Meisterkonzerte" in der Kaiser-Friedrich-Halle. Nicht nur die Mitglieder der Berliner Philharmoniker überzeugten bei dem virtuosen Auftritt.

Bolero Berlin, ein Ensemble der Berliner Philharmoniker, spielte in der Kaiser-Friedrich-Halle.

Bolero Berlin, ein Ensemble der Berliner Philharmoniker, spielte in der Kaiser-Friedrich-Halle.

Foto: Ilgner,Detlef (ilg)/Ilgner Detlef (ilg)

Martin Stegner, Bratschist bei den Berliner Philharmonikern, hat eine Sensation parat: Der Blues sei 1845 in Bayreuth erfunden worden – von Richard Wagner. Zum Scheinbeweis spielt das Sextett Bolero Berlin die Bariton-Arie „O du mein holder Abendstern“ aus „Tannhäuser“, die Paulo Morello mit klagenden Blue Notes auf seiner halbakustischen Gitarre einleitet. Als in der Kaiser-Friedrich-Halle Momente später der Wiedererkennungseffekt einsetzt, stellt sich inneres Schmunzeln ein: Das Blues-Element ist der feierlichen Melodie in der Bearbeitung nur angeklebt.

Unter dem Titel „Operas!“ präsentiert das 2008 gegründete Ensemble, in dem vier Mitglieder der Berliner Philharmoniker streichen, blasen und in die Tasten greifen, pulsierenden Jazz lateinamerikanischer Art. Bei raffiniert arrangierten Titeln aus Vorlagen wie Bizets „Carmen“, Verdis „Rigoletto“ und der „Dreigroschenoper“ wirken zwei Freunde an Gitarre und Percussion-Set (Morello und „Topo“ Gioia) mit. Stegner führt mit Esprit und augenzwinkernd vorgetragenen Anekdoten durch den Abend, der mit einem echten Bolero startet: „Besame Mucho“, ein Liebeslied, das die mexikanische Komponistin Consuelo Velasquez aus der Oper „Goyescas“ von Enrique Granados entwickelte. Der pulsierende Flow, den Stegner, Manfred Preis (Klarinette, Sopran-Saxofon), Morello, Pianist Raphael Haeger, Kontrabassist Esko Laine und Topo Gioia produzieren, verleitet dazu, sich selig in der Musik zu verlieren.

Was streckenweise so stillvergnügt dahinströmt, ist Ergebnis perfekten Zusammenspiels. Umso aufregender sind die Solo-Passagen, wobei vor allem der 68-jährige Klarinettist und Saxofonist Manfred Preis Zuhörer in den Bann zieht. Bei seinen ekstatischen Riffs, seinem fulminant virtuosen Rankenwerk mitzuhalten, fällt dem Bratscher Stegner mitunter schwer. Dafür lässt der seine Viola überzeugend weinen, schluchzen und jauchzen. Was Preis an der Bass-Klarinette bei den Improvisationen zu Verdis „La donna è mobile“ an aufwühlenden Dschungellauten durchs Rohr pustet, verschafft ein Ur-Hörerlebnis. Und aus der Habanera („Carmen“) zaubert der Virtuose das wildeste Saxofonsolo des Abends. Zum Dank gibt es Ovationen – für alle.

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