Blinder organisiert Malkurs für Blinde Der unerschrockene Blinde

Mönchengladbach · Erich Nikolaus hat vor zwölf Jahren sein Augenlicht verloren, und ein Bein wurde amputiert. Er ließ sich nicht entmutigen, er ist häufiger Gast im Theater, besucht Museen und Konzerte. Jetzt bietet er einen Malkurs für Blinde an.

Erich Nikolaus kam nicht mit leeren Händen in unsere Redaktion, er brachte einen köstlichen Käsekuchen mit.

Erich Nikolaus kam nicht mit leeren Händen in unsere Redaktion, er brachte einen köstlichen Käsekuchen mit.

Foto: Isabella Raupold

Das geht nicht! Das kann nicht klappen! Wenn Erich Nikolaus solche Sätze hört, schlägt sein Kämpferherz Purzelbäume. Geht nicht, gibt’s nicht für den Mann, der die Härte seines Schicksals angenommen hat, sich ihm voller Optimismus und Siegeswillen stellt. Seit dem 5. November 2006 ist Nikolaus, der 1961 in Hinsbeck geboren wurde, blind. „Ich hatte Glaukom-Anfälle, da ging das ganz schnell“, sagt er. Bei diesen Anfällen kommt es schlagartig zu einer enormen Erhöhung des Augeninnendrucks. Im Gegensatz zu sonstigen Formen des Grünen Stars tritt die Erkrankung plötzlich ein. Zudem hatte er sich bei einem Krankenhausaufenthalt nach einem Schlaganfall mit Keimen infiziert. In der Folge wurde sein rechtes Bein amputiert. „Das Bein zu verlieren war für mich viel schlimmer als die Erblindung“, sagt Erich Nikolaus. Und er behauptet: „Als Blinder kann man selbstständig alles machen, da gibt es keine Einschränkungen.“

Und weil er diese Überzeugung tatsächlich lebt, ist er glücklich. Er ist regelmäßiger Gast in diversen Theatern, besucht Konzerte, er geht in Museen (nicht nur in Mönchengladbach) – und jetzt will er einen Malkurs für Blinde anbieten. „Warum denn nicht?“, fragt er und lacht. Gemeinsam mit der Initiative m@chingGenerations und der Rheydter Kunstmalerin Elgin Heisig hat er längst alle Vorbereitungen getroffen. Stattfinden soll der Workshop am Samstag, 4. August, von 10 bis 15 Uhr im m@chingPoint in der Rheydter Passage am Ring, Friedrich-Ebert-Straße 53-55. Elgin Heisig wird die Techniken ihrer Bilder erklären, anschließend malt jeder Teilnehmer ein Bild. Die Werke sollen in der Passage ausgestellt werden. „Ich freue mich über jeden Blinden oder Sehbehinderten, der mitmacht“, sagt Nikolaus.

Wenn Erich Nikolaus nicht gerade im Theater sitzt oder etwa bei der Sommermusik Schloss Rheydt seine Abende verbringt, backt er. „Ich habe das Handwerk gelernt“, sagt er. Etwa 200 Backformen hat er in seiner Küche. Und nur ein Hilfsmittel für Blinde. „Ich habe mir eine sprechende Waage zugelegt.“ Gern backt er auch mal die Nacht durch, wenn etwa Freunde ihn bitten, für eine 50-köpfige Geburtstagsgesellschaft die Backwaren für das gemeinsame Frühstück zu liefern. Dann entstehen nicht nur Brötchen, sondern auch kleine Schildkröten und Zöpfchen. Dazu hört er Musik – von Klassik bis Heavy Metal. „Es ist schon vorgekommen, dass ich eine halbe Stunde vor dem Beginn des Frühstücks das letzte Blech aus dem Ofen gezogen habe.“ Kuchen sind seine Leidenschaft. Auch da gibt es nichts, was es nichts gibt: Obsttorten, Frankfurter Kränze, Käsekuchen, einfach alles backt dieser Mensch. Und zwar vollendet in Form und Geschmack.

Auch vor sportlichen Herausforderungen schreckt Erich Nikolaus nicht zurück. „Neulich hat er einen jungen Verkäufer in einem Sportgeschäft total schockiert“, sagt Anna Schmidt, die den Blinden sehr oft begleitet und unterstützt. Tatsächlich ließ Nikolaus sich Rollerblades und Schlittschuhe zeigen. Er probierte sie am linken Fuß aus, und als der Verkäufer sie am rechten Fuß probieren wollte, reichte er ihm seine Prothese. „Ich hätte gern sein Gesicht gesehen“, sagt Erich Nikolaus und lacht sich kaputt. Auch im Klettergarten hat er sich schon probiert – allerdings in Begleitung.

Weil er vor nichts zurückschreckt und von sich alles abverlangt, was ein Sehender kann, und weil er höchste Qualitätsansprüche stellt, ärgert er sich manchmal. „Ich kämpfe seit Jahren für die Audiodeskription in unserem Gemeinschaftstheater“, sagt er. Tatsächlich wird die Hilfe für Blinde in der nächsten Spielzeit im Krefelder Haus zum Einsatz kommen. Später dann in Gladbach. „Die Qualität reicht nicht“, sagt Nikolaus, der anfangs mit zum Planungsteam gehörte. Da ist er jetzt raus. „Ich war zu fordernd“, weiß er. Aber auch das gehört zum liebenswerten Herrn Nikolaus: Wenn ihm etwas nicht passt, sagt er es. Und zwar laut und deutlich.

Anmeldungen zum Malkurs für Blinde nimmt Erich Nikolaus unter 02166 4988679 entgegen. Interessierte können sich aber auch im m@chingPoint unter der Nummer 0177 8682524 melden.

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