Kunst in Mönchengladbach Maler Ingo Wegerl provoziert meisterlich

Mönchengladbach · Bei der Ausstellung in seinem Privathaus können Besucher die faszinierenden Bilder von Wegerl bewundern und mit dem Künstler ins Gespräch kommen.

 Der Maler Ingo Wegerl neben seinem Werk „Der Vorhang“.

Der Maler Ingo Wegerl neben seinem Werk „Der Vorhang“.

Foto: bauch, jana (jaba)

Zu seiner Ausstellungseröffnung wird man beim Maler Ingo Wegerl freundlichst empfangen. Die Ausstellung findet in seinem Privathaus statt und genau deshalb auch in einer herzlichen und freundschaftlichen Atmosphäre. Ingo Wegerl, der früher exakte anatomische Zeichnungen für medizinische anatomische Atlanten anfertigte, hat eine sehr naturalistische Malweise – die er mit altmeisterlicher Mehrschichttechnik paart.

Mit feinstem Pinsel „stricheliert“ er zum Beispiel Gesichter auf das Papier oder die Leinwand. Und die unterschiedlichen Farben dieser unendlich vielen Striche mischen sich tatsächlich im Auge des Betrachters zu einer perfekten Hautpartie. Wozu er übrigens seien Pinsel auf eine spezielle Weise für sein intensives Malen modifiziert. Doch soll man sich von dieser persönlichen Weiterentwicklung traditioneller Maltechnik, so wie sie zum Beispiel schon Albrecht Dürer pflegte, nicht täuschen lassen. Denn hinsichtlich seiner Motive bewegt sich Wegerl völlig frei zwischen Gestern und Heute.

So springt den Betrachter in dem Bild „Der Vorhang“ ein in einem zwielichtigen Kirchenraum spanischer, romanischer Prägung ein bildhoher, leuchtend roter Vorhang an, in der Bildmitte zusammengerafft. Er ist bildbestimmend, wirkt wie ein großes Ausrufezeichen. An sich schon eine malerische Provokation, die Gegenüberstellung von antik und modern. Doch seine eigentliche Brisanz erhält das Bild durch den kleinen Teddybären, der halb verdeckt hinter dem Vorhang auf dem Kirchenboden liegt. Man kann dieses Bild durchaus als eine Formulierung des Komplexes „Kirche und Missbrauch“ lesen. Übrigens nennt Wegerl diese Malereien „Religiöse Bilder“.

Auch das Bild „Madonna“ nimmt zu den Rollenvorstellungen von Religion und Gesellschaft Stellung. Eine Madonna, die ein Mann ist? Ein Christuskind, das androgyn, gleichzeitig Mädchen und Junge ist? Auf diesem Bild ist es zu sehen. Wegerls Bilder regen zum Nachdenken an, sicher. Aber sie erzählen dabei auch Geschichten: das Auge wandert, lässt sich einfangen, genießt. Wegerl ist ein stringenter Arbeiter, mindestens acht Stunden am Tag verbringt er in seinem Atelier. Und diese Arbeit vermittelt sich dem Betrachter auch, erzeugt das Wertige seiner Arbeiten.

Aber er ist auch immer für eine humorvoll-skurrile Erzählung, zwischen Kunst und Groteske, gut. So erzählt er schmunzelnd, wie es sich in seinem Atelier, früher in Holtum bei Wegberg gelegen, eine neugierige Dohle gemütlich gemacht hatte. Sie saß auf seiner Schulter, während er malte. Aber nur so lange, bis „es mir plötzlich ein wenig feucht hinten die Schulter herunterrann“, sagt er.

Ob wegen der gastfreundlichen Vorweihnachtsstimmung, der interessanten Gespräche oder – ganz wichtig – wegen der spannenden Werke: der Besuch lohnt sich! Die Ausstellung ist noch am Samstag, 26. November und Sonntag, 27. November, jeweils von 11 bis 18 Uhr zu sehen. Adresse: Rotdornweg 1 in 41189 Mönchengladbach

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