Kultur in Mönchengladbach Jeanswürste bis nach Krefeld

Mönchengladbach · Mit der Ausstellung „repurpose textiles“ knüpft der Kunstverein MMIII Fäden nach Krefeld und Düsseldorf. Auch die Geschichte der Textilindustrie und die Nachhaltigkeitsdebatte werden thematisiert.

Kurator Wilko Austermann und Isabelle Heske stehen in den Ausstellungsräumen, in der Mitte hängt das Werk von Ulrike Kessl aus zusammengenähten Jeanshosen.

Kurator Wilko Austermann und Isabelle Heske stehen in den Ausstellungsräumen, in der Mitte hängt das Werk von Ulrike Kessl aus zusammengenähten Jeanshosen.

Foto: bauch, jana (jaba)

Die Zusammenhänge, in denen die Ausstellung „repurpose textiles“ des Kunstvereins MMIII steht, sind ähnlich komplex wie die Bilder des indonesischen Künstlers Ari Bayuaji. Denn Kurator Wilko Austermann hat nicht bloß in den postindustriellen Räumen im Rudolf Boetzelen Silo neun Künstler zusammengebracht, die sämtlich vorgefundenen textilen Rohstoffe in neue künstlerische Zusammenhänge bringen.

Als Dreierausstellung mit dem Krefelder Kunstverein und dem Caritas-Zentrum in Düsseldorf knüpft sie Fäden in die Geschichte der Textilindustrie und in die aktuelle Arbeit mit Flüchtlingen. Außerdem werden die Themen Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Integrationsarbeit aufgegriffen. Bayuajis zwei blauschimmernde Querformate dagegen sehen auf den ersten Blick aus wie Petitessen von Yves Klein. Allerdings entpuppen sie sich als kunstvoll überhängende Gewebe, aktuelle balinesische Handwerkskunst, die in farbige Fäden aus an die Traumstrände geschwemmten Plastiknetzen eingewebt und punktförmig herausgezogen sind. Ihre Pendants hängen im Krefelder Kunstverein, in dem schon am Donnerstag der Eröffnungtag war.

Wenn am Samstag zwischen 17 und 21 Uhr unter Corona-Bedingungen die Ausstellung durch das Silo freigegeben ist, wandern die Besucher an faszinierenden Wandarbeiten von Stephanie Friedrich vorbei. Ihre durchsichtig bemalten Schleier sind über Raster gespannt. Außerdem kann man die nachträglich mit weißen Tränen bestickten Tapisserien von Richard Heller bestaunen, der gegenüber das Kitsch-Motiv „Röhrender Hirsch“ auf Wandteppich mit Strick-Texten kombiniert. Sein Kunstwerk soll die Homophobie in seiner Heimat Polen thematisieren.

Die Schwedin Linnéa Sjöberg ließ Fäden unterschiedlichster Herkünfte zu einem poppig bunten Wandteppich verweben. Der androgyne Ameisenbär des Amerikaners Gray Wielebinski fläzt sich auf einem Ölfass und reflektiert die Transgender-Identität seines Schöpfers. Tobias Hantmann hat – hinter Glas - Gänseblümchen in einen Veloursteppich gestreichelt, Angelika Huber den Auswurf einer Waschmaschinen-Trommel zu einer wie erstarrten Wäsche-Welle auf den Gittern des Obergeschosses angerichtet.

Fünf großformatige, streng-verspielte Wandarbeiten der Düsseldorferin Isabelle Heske prägen die Galerie, in deren wie gewebte Stahlträgerdecke Ulrike Kessl eine Riesen-Wurst aus zusammengenähten Jeanshosen geschlungen hat. Eine ähnliche Arbeit hat sie im Kunstverein Krefeld in die Fassade des Galeriegebäudes gewebt.

Wilko Austermann hat erneut die internationale Szene mit der Region verknüpft, nicht nur die Brücke zum Krefelder Kunstverein gefestigt, sondern auch Künstler für Workshops gewinnen können. Aber auch an und für sich ist diese Ausstellung erlebenswert.

Info Am Samstag, 15. August, findet die Vernissage um 17 bis 21 Uhr im MMIII Kunstverein Mönchengladbach, Künkelstraße 125, statt. Zur Einführung spricht der Kurator Wilko Austermann. Parallel gibt es die Ausstellung auch im Krefelder Kunstverein, Westwall 24, zu sehen. Die Finissage geht am Sonntag, 13. September, von 11 bis 14 Uhr. Weitere Informationen gibt es unter www.mmiii.de.

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