Mönchengladbach Frau Bauch hat alles im Blick

Mönchengladbach · Seit sechs Jahren sitzt sie an der Pforte des Theaters. Jeder muss an ihr vorbei. Christa Bauch kennt sie alle. Sie herrscht über Millionen Schlüssel, hat ebenso viele Telefonnummern im Kopf, und sie sagt: "Ich habe den besten Job der Welt."

 Christa Bauch in der Pförtnerloge: Hier ist die Kommunikations-Zentrale des Theaters.

Christa Bauch in der Pförtnerloge: Hier ist die Kommunikations-Zentrale des Theaters.

Foto: Isabella Raupold

Alexander Betov müht sich mit einem sperrigen Requisit ab. Der Puppenspieler des Theaters schafft es aber tatsächlich, mit diesem Teil, das in seinem neuen Stück "Zwerg Nase" eine wichtige Rolle spielt, unfallfrei durch die Glastür ins Freie zu gelangen. Generalmusikdirektor Mihkel Kütson eilt herbei. Ein flottes "Guten Morgen" und schon ist er in den Tiefen des Theaters verschwunden. Der Sänger Hayk Dèinyan macht eine Vollbremsung, als er von Christa Bauch angesprochen wird: "Stopp, Hayk, ich habe hier was für dich." Das Telefon klingelt, die Schranke muss geöffnet werden, der Postbote verlangt eine Unterschrift.

Es gibt niemanden, der nicht an der gläsernen Pforte vorbei muss, um ins Theater zu gelangen - Generalintendant Michael Grosse ebenso wie die Schauspieler, Sänger, Musiker, Tänzer, Techniker, die Regisseure, Ausstatter, Inspizienten, Verwaltungsmitarbeiter, Theaterpädagogen, Öffentlichkeitsreferenten - alle. Christa Bauch und ihre Kollegen an der Pforte haben alles im Blick. Auf einem Monitor ist die Schranke zu sehen, der Eingangsbereich des Theaters, der Parkplatz hinter dem Haus.

Und dann - die Schlüssel. Hinter dem Arbeitsplatz von Christa Bauch hängt ein mehrschichtiger Kasten. Darin hängen - sagen wir mal - Millionen Schlüssel mit unterschiedlich farbigen, beschrifteten Kunststoffanhängern. "Die x- und die y-Schlüssel sind die wichtigsten", sagt Christa Bauch. "Die gebe ich nur gegen eine Unterschrift heraus." Als sie von ihrer Vorgängerin auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet wurde, war sie völlig fertig - von der Anzahl der Schlüssel. "Mir wurde regelrecht schwindelig." Heute greift sie hinter sich, packt den richtigen Schlüssel, muss kaum noch hinsehen. Christa Bauch ist schon seit 2001 im Theater tätig - lange Zeit im Service, seit sechs Jahren an der Pforte. Auch in den zwei Jahren Umbauzeit hat sie hier gesessen. "Jemand musste ja hier sein", sagt sie.

Christa Bauch kennt ihre Pappenheimer. Schließlich sitzt sie in der Kommunikations-Zentrale des Theaters. "Hier spielt sich alles ab", sagt sie. Wenn jemand Kummer hat, bekommt sie das mit, wenn jemand sich besonders freut, auch. "Wenn eine Generalprobe ansteht, ist der Stress riesig. Aber einen Tag vor der Premiere sind alle auf einmal wieder total ruhig." Dann schenken sich die Schauspieler kleine Glücksbringer und Süßigkeiten, wünschen sich gegenseitig Erfolg. "Man spürt, dass alle hier total von dem überzeugt sind, was sie tun", sagt Christa Bauch.

Jeden Donnerstag, Freitag und Samstag sowie jeden zweiten Sonntag sitzt sie in der Pförtnerloge. Dazu kommen Vertretungen, wenn jemand ausfällt. "Hier muss immer jemand sitzen, das ist Vorschrift." Sie mag ihre Arbeit. "Hier gibt es so viele unterschiedliche Menschen, sie kommen aus 26 verschiedenen Nationen - das ist jeden Tag spannend." Vorher war sie nie im Theater, hatte keinen Zugang dazu. "Dann kam ich in diese ganz andere Welt." Sie ist voller Hochachtung vor den Leistungen, die im Theater erbracht werden. "Sie schlüpfen in ihre Rollen, und wenn ich sie dann hier an der Pforte sehe, sind es ganz normale Menschen."

Das Telefon klingelt pausenlos. Christa Bauch hat alle Hände voll zu tun. Langweilig wird es an der Pforte nicht. "Ich habe den besten Job der Welt", sagt sie. Und lacht.

(RP)
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