Mönchengladbach Im Kunstraum No. 10 sind die Narren los

Mönchengladbach · Clemens Weiss lebte und arbeitete viele Jahre in Mönchengladbach, bevor er 1987 endgültig nach New York zog. Jetzt zeigt der Künstler einige seiner Arbeiten in der Galerie an der Matthiasstraße.

 Dre Künstler Clemens Weiss in einem Raum seiner Ausstellung „The loose Fools Series“

Dre Künstler Clemens Weiss in einem Raum seiner Ausstellung „The loose Fools Series“

Foto: Bauch, Jana (jaba)

„Wenn keine Narren auf der Welt wären, was wäre dann die Welt“, fragte sich Johann Wolfgang von Goethe.

Den Narren, obwohl sie doch belächelt und selten wirklich ernst genommen wurden, kam doch historisch eine wichtige Funktion zu: sie waren vogelfrei, narrenfrei, und diese Handlungsfreiheit erlaubte es ihnen, stets die (unangenehmen) Wahrheiten auszusprechen.

Der historische Narr existiert heute nicht mehr, vielleicht sind es noch am ehesten die Kabarettisten, die einen Teil ihrer „Arbeit“ übernehmen können. Oder eben Künstler, die mit ihren Arbeiten der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten.

Eine große Rolle spielt der Narr in der aktuellen Ausstellung mit Zeichnungen und Objekten des 1955 geborenen Clemens Weiss, die er unter dem Titel „The loose Fools Series“ aktuell im Kunstraum No.10 zeigt. Zu sehen sind ebenfalls Glasskulpturen und Objekte.

Ein Fries von zehn Tusche- und Pigmentzeichnungen zieht sich über die Wände des vorderen Raums der Galerie. Sie sind ein kleiner Ausschnitt aus einer „endlosen Serie“ von Zeichnungen, so Clemens Weiss, die er seit mehr als 30 Jahren entwickelt. Schmal und langformatig sind die Papiere, es war ein Zufall, dass diese Weiss in die Hände fielen. Das „herausfordernde Format“ faszinierte den Künstler. Es bietet sich geradezu an, aneinandergereiht in eine Erzählstruktur verwandelt zu werden.

Die Narren erzählen von Menschen, Tieren, Masken, Narrenkappen, von Häusern, Gegenständen. Alles ist miteinander verbunden, auf verwirrende, witzige, verstörende und rätselhafte Weise. „Je ambivalenter eine Zeichnung, umso besser“, meint Clemens Weiss.Dann kommt der Betrachter ans Denken. Und fühlt sich erinnert an mythologische Erzählungen, ohne genau sagen zu können, welche. Hat das Empfinden, die Verrücktheiten von Welt und Gesellschaft auf ästhetische Weise vorgeführt zu bekommen. Sie tragen Titel wie „Großes gelbes Mädchen mit grüner Schlange“ oder „Kreatur mit Auto und Schlange“.

Clemens Weiss legt zunächst einen farbigen Untergrund aus Pigmenten auf dem Papier an. Darüber entwickeln sich in einem raschen Arbeitsprozess die zarten, sehr reduzierten Zeichnungen aus Tusche. Es ähnele, so erklärt Weiss, dem Blick aus einem fahrenden Zug, der lediglich die flüchtigen Eindrücke aufnimmt.

Der farbige Untergrund ist Anregung und Begrenzung zugleich. „Die Figuren schweben, machen nichts Vernünftiges“, sagt der Künstler.

Der Fries von Narrenzeichnungen wird stimmig unterbrochen von Keramiken. Natürlich sind es wiederum Narren, die Clemens Weiss aus dem Ton formt. Auch hier arbeitet er rasch, intuitiv, lässt sich vom Material leiten: die Oberflächen sind narbig, strukturiert, die Münder aufgerissen, die Nasen lang. „Schandmasken“ nennt der Künstler die Plastiken, die in seinen typischen Glaskonstruktionen sitzen und teilweise von Texten flankiert werden.

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