Mönchengladbach Wie der Kappes heimisch wurde

Mönchengladbach · Teutscher Reis und Peper van Indien: So heißt die Ausstellung, die am Sonntag im Museum Schloss Rheydt eröffnet wird. In der Renaissance gelangten Pflanzen nach Deutschland, die das Genussverhalten entscheidend prägten.

Museumsdirektor Karlheinz Wiegmann in der Ausstellung: In der Vitrine stehen Trinkgefäße der Renaissance, an der Wand hängt ein Teppich aus (künstlichen) Blumen.

Museumsdirektor Karlheinz Wiegmann in der Ausstellung: In der Vitrine stehen Trinkgefäße der Renaissance, an der Wand hängt ein Teppich aus (künstlichen) Blumen.

Foto: Isabella Raupold

Ob Paprika, Pfeffer, Reis oder Roggen – sie alle haben eines gemeinsam: Sie stammen ursprünglich nicht aus unseren Breiten. Gewächse in der Landwirtschaft, im Garten- und Obstbau, Blumen und Heilpflanzen, Genussmittel und Nutzpflanzen: Sie alle sind „zugezogen“. Sogar der Kappes, vermeintlich urdeutsches Gemüse, kam ursprünglich aus dem Mittelmeerraum. Und Äpfel und Kartoffeln, die als typisch deutsch gelten, kommen von weither. Die Kartoffel stammt aus Südamerika und wurde zunächst auch nur nach Europa und ins heutige Gebiet von Deutschland gebracht, weil die Blumen der Pflanze so schön aussahen. Und der Apfel legte eine lange Reise aus dem asiatischen Raum zu uns zurück.

„Bevor die Gemüse- und Obstpflanzen zu uns kamen, fanden die Deutschen in den Wäldern allenfalls Beeren“, sagt Karlheinz Wiegmann. Der Direktor des Museums Schloss Rheydt eröffnet morgen eine neue Ausstellung in der Vorburg des Schlosses. „Teutscher Reis und Peper van Indien“ heißt sie. „Sie geht der Frage nach, wann welche Pflanzen ihren Weg zu uns fanden.“ Und da spielt die Zeit der Renaissance eine wesentliche Rolle.

„Die Europäer brachen damals auf in die weite Welt und brachten zahlreiche Entdeckungen, die sie in der Pflanzenwelt ferner Länder gemacht hatten, mit nach Hause“, sagt Wiegmann. Ohne die Reisenden wären Weizen, Gerste, Mais, Bohnen, Tomaten, Birnen, Kirschen, Orangen, Zitronen, Rosen, Tulpen, Nelken, Tabak, Kaffee, Tee oder Kakao in Deutschland womöglich noch lange Zeit unbekannt geblieben. Mit Schiffen wurden die Pflanzen und Samen über die Weltmeere transportiert. „Es gab zu der Zeit regelrechte Pflanzenjäger“, sagt Karlheinz Wiegmann.

Und Irrtümer. Die Spanier beispielsweise gelangte mit ihren Schiffen nicht wie erhofft nach Indien, sondern fand die Neue Welt – Amerika. „Pfeffer wuchs dort nicht, aber Paprika, das sich ebenso gut zum Würzen eignete.“ Kolumbus brachte die Pflanze unter dem Namen „Pfeffer aus Indien“ nach Europa. Und beim „Teuschen Reis“ handelt es sich in Wahrheit um Roggen. „Reis und Roggen sind Getreidesorten. Was den Asiaten der Reis, ist den Deutschen der Roggen“, sagt der Museumsdirektor. „So gesehen liegt die Namenswahl gar nicht so fern.“

Basierend auf der Tradition der Kräuterbücher begründeten Leonhart Fuchs, Hieronymus Bock und Otto Brunfels mit ihren Werken die moderne Botanik als Wissenschaft. Etliche wunderschöne Blätter aus Bocks und Fuchs’ Schriften sind in der Ausstellung und in dem begleitenden Katalog zu sehen. Sie sind ausgestattet mit feinen, detailgetreuen Zeichnungen, und schriftlich hielten die Botaniker die Eigenschaften der Pflanzen, ihre Nutzbarkeit und Wirkung fest.

Hinter vielen Pflanzen verbergen sich spannende Geschichten. So können die Besucher der Ausstellung erfahren, dass die Tulpe für einen ersten „Börsencrash“ gesorgt hat. Sie können nachvollziehen, wie sich Gebrauchsgegenstände entwickelten oder veränderten, um die neuen Errungenschaften entsprechend konsumieren und genießen zu können – Teegeschirre, Pfeifen, Tabaksdosen, Trinkpokale mit dem Dekor der fremden Früchte. Plötzlich wurde nicht mehr nur gegessen, um den Hunger zu stillen, es wurde luxuriös genossen. Die Welt hatte sich für immer verändert.

Die Ausstellung wird am Sonntag, 30. September, 11.30 Uhr, eröffnet. Sie geht bis 20. Januar 2019.

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