Mönchengladbach Kriegerdenkmal im Wollmantel polarisiert

Mönchengladbach · Viele finden den mit 20 Quadratmetern Strickware umhüllten Helden auf dem Schillerplatz in Mönchengladbach-Eicken auf einmal menschlich. Andere sehen die Ehre des Soldaten verletzt.

 Spaßvögel hatten nachts den Mantel auf Links gedreht.

Spaßvögel hatten nachts den Mantel auf Links gedreht.

Foto: Michaela Drosten

Das Denkmal macht seinem Namen auf einmal alle Ehre. Viele Jahrzehnte an seinem Platz am Rande des Schillerplatzes kaum beachtet, ist der steinerne Krieger, der seinen toten Kameraden in den Armen hält, durch die kunterbunte Ummantelung plötzlich für jeden sichtbar geworden. Und man denkt mal darüber nach, wofür das steinerne Monument steht: für die Gefallenen und Getöteten des Ersten Weltkriegs — so steht es auf dem Sockel. "Aber auch für Heldentum und den ehrenvollen Tod fürs Vaterland", sagt Bezirksvorsteher Reinhold Schiffers. "Das ist die Botschaft der 30er Jahre, als das Denkmal erschaffen wurde."

 Als das Gründerzeitviertel seinen 150. Geburtstag feierte, wurde das Denkmal mit 20 Quadratmetern Gestricktem umhüllt.

Als das Gründerzeitviertel seinen 150. Geburtstag feierte, wurde das Denkmal mit 20 Quadratmetern Gestricktem umhüllt.

Foto: Wolfgang Holzenbecher

Genau an diesem Punkt hat sich eine lebhafte Diskussion entzündet. "Das Denkmal darf nicht verändert werden", sagt etwa Bruderratsmitglied Heinz-Josef Katz. "Die haben die Ehre der Soldaten beschmutzt, indem sie das Mahnmal verunstaltet haben." Die Initiatorin des Projektes, Michaela Drosten, freut sich über die rege Anteilnahme: "Genau das haben wir uns gewünscht. Wir wollten, dass die Menschen zum Nachdenken und auch Handeln angeregt werden." Deshalb hatten sie und die vielen Mitstricker es schnell verwunden, als die gestrickte Umhüllung des Brunnens auf dem Schillerplatz plötzlich verschwunden war. "Was mag das Stück Strickwerk jetzt schützen?", fragt sich die Inhaberin der Kreativwerkstatt "Atelyeah". "Vielleicht dient es als Kinderzelt, oder es verhüllt einen ollen Stein, möglicherweise auch einen kleinen Elefanten. Oder es ist jetzt eine Abdeckung für ein Moped." Auch an der bunten Umhüllung des Kriegers wurde schon gearbeitet. Eines Morgens fand Michaela Drosten eine völlig veränderte Situation vor. "Da hatten irgendwelche Spaßvögel den Mantel auf Links gedreht und dabei das Gesicht verhüllt. Das muss eine mordsmäßige Arbeit gewesen sein." Inzwischen trägt das Denkmal die bunte Hülle wieder richtig herum.

Die bunten gestrickten Stücke waren am Tag der Geburtstagsfeier für das Gründerzeitviertel aneinandergenäht und am Denkmal befestigt worden. Mehr als 100 Bewohner des Viertels hatten an der 20 Quadratmeter großen Umhüllung gestrickt. "Da ist nicht irgendwas Belangloses entstanden", sagt Vera Funk vom Vorstand der Gründerzeitviertel-Initiative. "Da sind viele liebevolle Unikate entstanden — das Werk spiegelt die Gedanken der Anwohner." Und die Symbole, Peace-Zeichen, Friedenstaube, Uhr und Herzen, seien bewusst gesetzt worden — gegen Krieg, für ein friedliches Miteinander.

Durch die kreative Aktion ist der steinerne Held quasi vom Sockel heruntergestiegen. "Es wird bemerkt, und es erregt Interesse", sagt Vera Funk. Die Idee, das Kriegerdenkmal vom Sockel zu nehmen, ist eine reale. "Bei der geplanten Umgestaltung des Schillerplatzes kann es durchaus sein, dass wir den Krieger und seinen toten Kameraden auf den Boden stellen — auf Augenhöhe mit den Menschen", sagt Schiffers.

(RP)
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