Mönchengladbach Kinofilm mit Lauf-Legende Gebrselassie

Mönchengladbach · Wie weit gehst du für einen Freund, und wie weit, um deinen Lebenstraum zu erfüllen? Diese Fragen sind der Motor hinter einem ehrgeizigen Filmprojekt, das am Niederrhein seinen Anfang nahm und gerade in Afrika realisiert wird.

 Die Darsteller am Filmset.

Die Darsteller am Filmset.

Foto: Emra & Dabo / Jan Philipp Weyl

Es ist Nacht, und im äthiopischen Niemandsland sitzt eine abgemagerte Gestalt — den Hut tief ins Gesicht gezogen, eine Zigarette im Mundwinkel gegen den Hunger und die Moskitos. Ein Deutscher aus dem Filmteam, der sich eine Pause gönnt, abseits vom Set, wo im Feuerschein mit den Kindern des benachbarten Dorfes die letzten Szenen gedreht werden. Ein geschäftiges Treiben herrscht, alle arbeiten Hand in Hand, und die kleinen Schauspieler tragen die Atmosphäre in den Film und in die Nacht. Hinter dem realitätsnahen Spielfilm "Emra & Dabo" versteckt ist ein deutsch-äthiopisches Gemeinschaftsprojekt, ins Leben gerufen durch den Krefelder Regisseur Jan Philipp Weyl und mitgetragen von einem Mönchengladbacher, dem Kameramann Mateusz Smolka, Sohn des Künstlers Peter Smolka.

Bereits in der achten Klasse engagierte sich der heute 26-jährige Weyl bei "Menschen für Menschen" und wurde, nachdem er mit Freunden 20 000 Euro für Äthiopien gesammelt hatte, eingeladen, das Land kennenzulernen. Der Einladung folgt er immer noch, denn seither entwickelte sich die Idee des Filmprojektes um und mit Äthiopien. Der Film handelt von den Freunden Emra und Dabo, die der Zufall auf ihr erstes Abenteuer mitnimmt und dabei ihre Wege voneinander trennt. Emra — den die Verheißung neuer Perspektiven lockt, eröffnet durch eine Kamera — entscheidet sich für ein ungewisses Abenteuer, während Dabo an seinem Lebenstraum, Läufer zu werden, festhält.

Wie der Läufer in Siegfried Lenz' "Brot und Spiele" resümiert Dabo auf dem Höhepunkt seines bisherigen Lebens, dem Great Ethiopian Run, selbiges und erinnert sich in Rückblenden an seine Freundschaft zu Emra. Einmal in der Hauptstadt beschließt er ihn zu finden, während das Leben seinen eigenen Lauf genommen hat.

Die Umsetzung des Projekts beinhaltet mehr als Dreharbeiten — und das Ergebnis soll mehr sein als ein Film. Nach dem Prinzip "Cast on location" werden für die Darsteller keine Schauspieler, sondern einfache Menschen vor Ort gecastet — qualifiziert durch Lebenserfahrung und Ausdruck. Bislang ist der Zufall ein Freund gewesen, zum Beispiel als der gecastete Hauptdarsteller Abayneh Ayele sich als aufstrebendes Läufertalent und Mitglied des äthiopischen Olympiateams herausstellte. Doch Zufall alleine reicht nicht. Und selbst Haile Gebrselassie, einst bester Langstreckenläufer der Welt, spielt mit.

Angefangen hat alles im Jahr 2007 mit einer Idee, die bislang das Unterfangen finanziert hat: Mit allen Reserven in der Tasche begann Weyl die Vorbereitungen im Dorf Ganda Abdi, neun Monate lang, getragen von Spenden, die immer wieder eintrudelten. Jeder aus der Crew bezahlte Flug, Unterkunft und Verpflegung selbst — keiner wird bezahlt, jeder steckt mit seinem Ersparten drin und ist abhängig von Gastfreundschaft und Unterstützung der Bevölkerung. Auf diese Weise wurden die ersten 40 Minuten des Films fertiggestellt. Das Projekt ist Beispiel für einen neuen, idealistischen Trend — "Entwicklungshilfe" als "Hilfe sich zu entwickeln" zu verstehen. Es gibt zurzeit so gut wie keine schwarzafrikanische Kinokultur; Produktionsfirmen gehören meist ehemaligen Besetzern, und der Markt quillt über vor schlechtem Comedy-Video-Ramsch. Filme, die sich an Ethik und Lebenswirklichkeiten heranwagen, sind kaum bekannt.

Noch fehlen rund 150 000 Euro für die letzte Produktionsphase, damit der Film im Mai ins Kino kommen kann. Die Summe soll nun über die Website http://www.indiegogo.com/projects/emra-dabo-feature-film per "Crowdfunding" gesammelt werden. Dort wird nicht nur detailliert beschrieben, für welche Posten das Geld benötigt wird, sondern auch die diversen Möglichkeiten, das Projekt zu unterstützen. Angeboten werden Pakete: von der kleinen Fünf-Euro-Spende bis hin zum 10 000-Euro-Paket, das einen in die Rolle des Executive Producers schlüpfen lässt. Für Läufer interessant: Für 3500 Euro gibt es ein Trainingslager mit Abayneh Ayele.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort