Mönchengladbach Kinder wollen mit Profimusikern spielen

Mönchengladbach · Zum Wettbewerb "Bühne frei" der Niederrheinischen Sinfoniker hatten sich 32 Jungs und Mädchen zwischen acht und 14 Jahren beworben. Beim Vorspiel zittern nicht nur die Geigenbögen – sondern auch Papa und Mama vor der Tür.

Zum Wettbewerb "Bühne frei" der Niederrheinischen Sinfoniker hatten sich 32 Jungs und Mädchen zwischen acht und 14 Jahren beworben. Beim Vorspiel zittern nicht nur die Geigenbögen — sondern auch Papa und Mama vor der Tür.

Mama und Papa haben's besonders schwer — sie müssen draußen bleiben. Und hier, auf dem Flur im vierten Stock des Theaters an der Odenkirchener Straße, ist es alles andere als gemütlich. Ein paar Stühle stehen an der Wand, der elterliche Blick geht ins Graue und auf die Eisentür mit der Aufschrift "Probebühne".

Gedämpfte Geigenklänge dringen an die gespannten Ohren, drinnen hat Sohnemann Eike seinen großen Auftritt. Das Vibrato klingt eng, nervös. Die Mama nimmt ihren Kopf in beide Hände, der Papa schweigt. "Bühne frei" hat Premiere. Mit dem neuen Generalmusikdirektor Mihkel Kütson kam auch die Idee eines Wettbewerbs für Nachwuchsmusiker in der Region über die Niederrheinischen Sinfoniker, das Orchester des Gemeinschaftstheaters. Im Herbst hatte Kütson musizierende Kinder am Niederrhein zum Mitmachen aufgerufen, jetzt läuft die erste Vorspielrunde. 32 Mädchen und Jungs zwischen acht und 14 Jahren wollen gewinnen: einen Auftritt im 7. Sinfoniekonzert im Juli, als Solisten, begleitet von den Profis — zwei Konzerte vor einem riesigen Publikum in der Kaiser-Friedrich-Halle und im Krefelder Seidenweberhaus.

Eike ist der Erste beim Vorspielmarathon, das von 11 bis 20.30 Uhr angesetzt ist. Seine Konkurrenz spielt Geige, Cello, Klarinette, Horn, Querflöte oder Saxofon. Die Probebühne ist ein riesengroßer, leerer Saal. Mittendrin ein Flügel. An der Kopfseite eine Tischreihe für die Jury. Hier sitzen neben Kütson fast alle Stimmführer der Niederrheinischen Sinfoniker und — als Gast — die Frau des verstobenen Generalmusikdirektors, Adrienne Jackson.

Allen Profi-Musikern steckt noch der Theaterball vom Vorabend in den Knochen, aber "Bühne frei" verlangt den ganzen Tag über wache, aufmerksame, kritische Ohren. Schließlich gilt es, unter den Aspiranten diejenigen auszuwählen, die in die zweite Runde kommen. Am Ende des Tages werden es 16 sein, und auch Eike ist darunter. Sie alle haben es geschafft: allein, mit dem Klavierbegleiter im Rücken, die Musik im Herzen, vor der Jury zu bestehen. "Wir wollen hier keine Wunderkinder fördern, sondern unter der großen Dichte wirklich begabter junger Musiker in unserer Region den besten die Chance auf ein besonderes musikalisches Erlebnis bieten", sagt Mihkel Kütson zur Idee des Wettbewerbs.

Eike putzt penibel das Kolophonium vom Griffbrett seiner Geige, während er erzählt, dass er seit fast neun Monaten an den Stücken übt: "Das braucht viel Zeit, sicher eine Dreiviertelstunde am Tag." Mit sechs hat der zwölfjährige Gymnasiast aus Wegberg mit dem Geigen angefangen, vor einigen Monaten kam auch Klavier dazu. In diesen Tagen ist er beim Wettbewerb "Jugend musiziert" aktiv, da ist "Bühne frei" eine gute Übung. "Mit einem richtigen Orchester spielen, das wäre supertoll", sagt Eike und klappt seinen Geigenkasten zu, an dem ein kleines Wollschaf baumelt. "Das hat mir Glück gebracht", strahlt er.

Derweil ist im Saal schon die nächste Kandidatin bei der Arbeit. Auch Hannah wird eine Runde weiter kommen. Vor der Tür schwitzt das nächste Elternpaar, während zwei Flure weiter andere Kandidaten sich in den Einspielräumen warm spielen. Hier wuseln gute Seelen des Orchesters umher, beruhigen, geben Zuversicht und Sicherheit. Das wird auch bei der Endausscheidung im April so sein, denn nur drei von 32 kommen durch . . .

(ark)
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