Mönchengladbach Kaum Bewerber aus Polen

Mönchengladbach · Seit 1. Mai dürfen Menschen und Unternehmen aus Polen, Tschechien und fünf weiteren Staaten uneingeschränkt in Deutschland arbeiten. Handwerker, Unternehmer und Landwirte sehen darin eine Chance für Mönchengladbach.

Für die Landwirte hat die Ernte bereits begonnen. Auf den Feldern wird fleißig Spargel gestochen, die Erdbeeren werden in ein paar Wochen so weit sein, dass sie gepflückt werden können. Traditionell engagieren die Landwirte dafür Saisonarbeitskräfte aus Polen, Tschechien und Rumänien. Vermittelt werden die Mitarbeiter über die Agentur für Arbeit, die bisher auch die Arbeitserlaubnis gegeben hat. Seit 1. Mai ist das nicht mehr nötig, denn mit diesem Datum sind die Grenzen des deutschen Arbeitsmarktes auch in Richtung Polen, Tschechien, Ungarn, Estland, Lettland, Litauen und der Slowakei geöffnet. Angehörige dieser Staaten können ohne Visum in Deutschland arbeiten.

Erst mal abwarten

Wolfgang Wappenschmidt, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Neuss-Mönchengladbach, glaubt nicht, dass sich für die Landwirte große Veränderungen ergeben. "In diesem Jahr sind alle Kräfte engagiert", sagt er. "Aber im nächsten Jahr müssen wir verstärkt selbst aktiv werden, weil die Vermittlung durch das Arbeitsamt wegfällt." Allerdings sieht Wappenschmidt dem gelassen entgegen. "Seit vielen Jahren kommen immer dieselben Leute zu unseren Kollegen. Die haben ein sehr enges Verhältnis." Zudem haben die Landwirte ihre Werbung über das Internet in Polen und Rumänien verstärkt.

2014 werden voraussichtlich auch die Bürger aus Bulgarien und Rumänien ungehinderten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erhalten. Aber Billigkonkurrenz, Lohndumping und die Verdrängung deutscher Arbeitskräfte fürchten weder Kreishandwerkerschaft noch die Industrie- und Handelskammer. "Man muss erst mal abwarten", sagt Stefan Bresser, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. "Wenn überhaupt etwas kommt, dann im Bauhauptgewerbe. Aber ein Bewerbungssturm ist hier in Mönchengladbach nicht bekannt."

Drei Gründe sieht Bresser dafür: Das Lohnniveau hat sich auch in den Ländern nach deren EU-Beitritt nach oben korrigiert. Zudem haben Länder wie Großbritannien ihre Arbeitsmärkte schon früher geöffnet. "Da ist der Markt auch nicht eingebrochen", sagt Bresser. Und zum dritten spiele im Handwerk auch die passende Qualifikation eine Rolle. Die IHK sieht in der Öffnung der Grenzen auch eine Chance für die Unternehmen. Pressesprecher Joachim Ludewig verweist auf das Editorial von Rolf A. Königs, Vizepräsident der IHK Mittlerer Niederrhein.

Dort heißt es, dass mit qualifizierten Kräften aus dem Ausland gerade exportorientierte Unternehmen einem drohenden Fachkräftemangel entgegenwirken könnten. Königs plädiert sogar dafür, die Öffnung der Grenzen mit einem transparenten Verfahren zur Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse zu ergänzen, um Zuwanderer besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Er sieht in der Zuwanderung Zukunftssicherung.

(RP)
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