Serie Was macht eigentlich? Der Karneval und die Erholung

Mönchengladbach · Nicht nur im närrischen Brauchtum der Stadt steht Jost Fünfstück am liebsten eher im Hintergrund – und ist doch „unverzichtbar“ für den Veilchendienstagszug. Im Herbst 2018 aber ist er auf einmal ins Rampenlicht getreten – als Kämpfer für den Erhalt des Haus Erholung.

Damit hat es angefangen bei Jost Fünfstück, dem Tanzoffizier der Funkengarde der Eickener Karnevalsgesellschaft Schöpp op.

Damit hat es angefangen bei Jost Fünfstück, dem Tanzoffizier der Funkengarde der Eickener Karnevalsgesellschaft Schöpp op.

Foto: JF

Die Session2018/2019 ist kaum vorbei, da fängt die Arbeit für die nächste schon an: Auf „locker an die sechs Monate im Jahr“ schätzt Jost Fünfstück seinen Zeitaufwand. Gezählt hat der 62-Jährige all seine Stunden für den Mönchengladbacher Karnevals-Verband (MKV) und die Eickener Karnevals-Gesellschaft (EKG) Schöpp op aber nicht. „Denn für mich ist es nie Arbeit, höchstens einmal eine Anstrengung“ sagt er. „Doch nie eine Last. Ich lebe Karneval.“

Als er 2017 mit dem höchsten Orden im närrischen Gladbacher Brauchtum „Pro meritis in carnevalis diebus“ (übersetzt: für Verdienste in närrischen Tagen) ausgezeichnet wurde, nannte sein Weggefährte Hans-Peter Jansen ihn liebevoll-frech „karnevalistisch bekloppt“. Und solch positiv Bekloppte wie Jost Fünfstück braucht der Karneval, nicht nur, um ein Großereignis wie den Veilchendienstagszug auf die Beine zu stellen, der Jahr für Jahr hunderttausende Zuschauer an die Straßen lockt. „Für den Zoch ist Jost unverzichtbar“, hat Bernd Gothe, der langjährige Erste Vorsitzende und jetzige Ehrenvorsitzende des MKV, einmal gesagt.

Jost Fünfstück schaut Session für Session gemeinsam mit Jürgen von Nieuwenhofen und Hans-Peter Jansen zunächst, wie die Entwürfe der Vereine und auch Bernd Gothes für die alljährlich vier, fünf Motto- und Motiv-Wagen des „VDZ“ umzusetzen sind. Danach gehen er als Wagenbaumeister und seine Helfer daran, sie zu bauen. Obendrein „spielt“ Fünfstück dann noch den Technischen Überwachungs-Verein TÜV: Entsprechen die Wagen den Vorschriften, dürfen sie gefahrlos auf die Zugstrecke geschickt werden? „Erst mussten wir sie Jahr für Jahr vorführen. Doch mittlerweile ist das nur noch alle drei Jahre nötig, weil der TÜV uns vertraut.“ Schließlich haben alle drei einen technischen Beruf erlernt, Fünfstück als Kraftfahrzeug-Mechaniker-Meister.

Er hatte die Lehre in der Gladbacher Spedition Nellen & Quack abgeschlossen, als einer seiner drei Brüder den 18-Jährigen 1975 mit zur Funkengarde der Eickener Karnevalsgesellschaft Schöpp op nahm. „Ich habe sofort Feuer gefangen“, erzählt Jost. Den ersten Kontakt zum Karneval hatte er schon als kleiner Junge gehabt: „Wir wohnten an der Erzbergerstraße an der Ecke Hofstraße. Direkt gegenüber vom damaligen Gasthof Deuß, der Heimat der KG Alles onger ene Hoot, die bis zur Städtefusion mit Rheydt 1975 jedes Jahr das Gladbacher Kinderprinzenpaar stellte. Und mein Großvater war in einer Theater-Spielgruppe, daher kam dann wohl mein Spaß am Tanzen.“

Jost Fünfstück wurde Tanzoffizier der Schöpp-op-Funkengarde; Irmgard Adrians war elf Jahre sein Tanzmariechen. Das Feuer beziehungsweise seine Liebe zum Karneval breitete sich aus – und brennt immer noch. Er hat im Laufe der Jahrzehnte so ungefähr jede Funktion bei der EKG Schöpp op bekleidet – überall dort, wo man ihn dringend brauchte: Schriftführer, Deko-Chef und Fundusverwalter, Pressewart … Noch heute ist er Zweiter Vorsitzender der EKG, seit 18 Jahren. Das Amt als Kommandant der Funkengarde hat er nun Ende Februar nach insgesamt 18 Sessionen abgegeben: „So, wie ich es schon vor sechs Jahren angekündigt hatte. Es müssen Jüngere ran, um das Brauchtum zu pflegen.“

Das „i-Dötzchen“ in der Grundschiule Charlottenstraße.

Das „i-Dötzchen“ in der Grundschiule Charlottenstraße.

Foto: JF

Der „karnevalistisch Bekloppte“ hatte auch mal einen ganz persönlichen Traum. „In der Session 2000/2001 war das: Ich wollte mit meiner Frau Elke das Mönchengladbacher Prinzenpaar sein. Ich habe ein Sparbuch angelegt, nach Leuten gesucht, die uns unterstützen wollten, und auch eine schriftliche Bewerbung an den MKV geschickt.“ Doch der Traum platzte: „Ich habe auf die Bewerbung keine Antwort bekommen – bis heute. Das war natürlich eine große Enttäuschung, aber nicht zu ändern.“ Seiner Liebe zum Brauchtum hat es jedoch nicht sehr lange geschadet: „Ich habe mich bald wieder voll in die Arbeit bei Schöpp op gestürzt. Der Karneval ist bis heute mein Leben. Aber mehr im Hintergrund, nicht oben auf der Bühne. Ich arbeite, bereite vor und freue mich dann, wenn alles klappt. Für die Sache Karneval, jedoch nicht, um mein Ego zu befriedigen. Wenn die Leute ihren Spaß haben, dann habe ich auch Spaß. Das reicht mir vollkommen!“

Elf Jahre waren sie ein Paar im Karneval: Jost Fünfstück und sein Tanzmariechen Irmgard Adrians.

Elf Jahre waren sie ein Paar im Karneval: Jost Fünfstück und sein Tanzmariechen Irmgard Adrians.

Foto: JF

Seinen Spaß hat Jost Fünfstück nicht nur im Karneval: „Ich bin eine fröhliche Natur, schon morgens gut gelaunt, mit meinem Leben zufrieden. Alles ist so, wie es sein muss!“ Zu seinem 40. Geburtstag haben Verwandte und Freunde aufgeschrieben, wie sie ihn erleben: „Er legt mit seiner Frau Elke viel Wert auf ein harmonisches Familienleben und gemeinsame Kindererziehung, singt und lacht gerne im Freundeskreis, bis sich die Balken biegen. Und er hat Schöpp op!“, heißt es da unter anderem.

 Die Frau an seiner Seite: Elke und Jost Fünfstück bei der Ehrung „Pro meritis in carnevalis diebus“.

Die Frau an seiner Seite: Elke und Jost Fünfstück bei der Ehrung „Pro meritis in carnevalis diebus“.

Foto: JF

Seine Frau trägt alles mit. Zum Engagement bei der EKG kam 2010 noch das beim MKV, dem Verband aller 40 Karnevalsvereine der Stadt. 1999 kam Jost Fünfstück als Helfer in die Zugleitung, seit neun Jahren ist er nun als Fachbereichsleiter VDZ Leiter eines „tollen Teams. Hans-Peter Jansen und Jürgen von Nieuwenhofen und ich verstehen uns blind.“ Und er möchte schon noch einige Jahre weitermachen: „So etwa bis ich 70 bin.“

 Stolz auf Vaters Auto, auch wenn er den Ford 12 M noch nicht fahren durfte.

Stolz auf Vaters Auto, auch wenn er den Ford 12 M noch nicht fahren durfte.

Foto: JF

Seit 2017, als das Düsseldorfer Geldtransportnehmen, bei dem er Werkstattleiter war, Schluss machte, ist er arbeitslos, wird in zwei Jahren Rentner sein. Doch Langeweile fürchtet er auch dann nicht: „Es ist so viel liegengeblieben, das ich aufarbeiten muss, zum Beispiel die Chronik von Schöpp op.“ Da warten noch unzählige Kartons mit Bausätzen für sein zweites Hobby neben dem Karneval: Flugzeug-Modellbau. Und seine „locker an die sechs Monate“ Arbeit für den Karneval werden wohl auch so schnell nicht weniger.

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