Sessionsmotto in Mönchengladbach Gladbachs Blütezeit

Mönchengladbach · Am Sonntag hat die Karnevals-Session mit dem Motto „Gladbach blüht auf“ begonnen. Manche mögen das als ironisch empfinden, doch es stimmt ja: Den Gladbacher wird alles blühen, was nicht in Kübeln wächst. Unsere knallharte Analyse zum Motto.

 Führende Phänologen (das sind Studierte, die sich mit Blütephasen in der Natur auskennen) haben auch das Blumenkübelwesen vor dem Rheydter Rathaus erforscht.

Führende Phänologen (das sind Studierte, die sich mit Blütephasen in der Natur auskennen) haben auch das Blumenkübelwesen vor dem Rheydter Rathaus erforscht.

Foto: Raupold, Isabella (ikr)

Wer in Köln die Nord-Süd-Fahrt nutzt, der kennt diesen roten Schriftzug. „Liebe deine Stadt“ steht da. Es sind passende Worte für ein Gefühl, das die Domstädter verbindet. Cat Balou und Mo-Torres haben sogar ein Lied darüber geschrieben. Die Kölner sind stolz auf ihre Stadt, ihre Veedel, den Karneval und sich selbst. Der Mönchengladbacher ist da anders. Ihm wird nachgesagt, seine Stadt schlechter zu sehen, als sie in Wahrheit ist. Doch er ist auch einer, der durchaus Heimatliebe hat. Der Mönchengladbacher Karnevalsverband greift das in der am vergangenen Sonntag mit dem Hoppedizerwachen begonnenen Session im Motto auf. „Gladbach blüht auf“, sagen die Karnevalisten und möchten zeigen, dass Mönchengladbach eine liebenswerte Stadt ist.

Gut, nun mag sich manch einer fragen, wo genau das mit dem Blühen denn passiert, wenn er an so manche Ecke in der Stadt denkt. Die Bäume entlang der Hindenburgstraße und am Edmund-Erlemann-Platz jedenfalls sind in Sorge geraten, ob sie die nächste Blütezeit noch erleben werden. Und vor dem Rheydter Rathaus blüht jedenfalls nichts, was in Kübeln wächst. Stört sonst die Sichtachse. Vielleicht hat der MKV genau deshalb das Rathaus als Motiv für seinen Orden gewählt.

„Das Motto beruht durchaus auf hoffnungsvollen Beobachtungen. Es tut sich was. Hier und da“, erklärt Nik Ebert das von ihm kreierte Motto. Die Politik sorge beim Blühen jedoch für so manchen Stolperer. „Wo es zwei vergammelte Hauptbahnhöfe gibt und Baumstümpfe optischer Ausdruck einer städtischen Begrünungsoffensive sind, gehört Ironie zur Überlebensstrategie“, sagt Ebert. Von Sichtachsen ganz zu schweigen. Das Motto ist also durchaus ironisch gemeint.

Aber so ganz stimmt das nicht. Mönchengladbach blüht nämlich tatsächlich auf. Zum Beispiel bei Borussia. Spielte man vor einigen Jahren noch regelmäßig gegen den Abstieg, ist der Verein jetzt in Regionen, in denen das europäische Geschäft lockt. Eicken hatte vor einigen Jahren noch einen schlechten Ruf. Das hat sich geändert. Künstler und Kreative haben dazu beigetragen. Die Initiative Gründerzeitviertel ebenfalls. Und so geht es vielen Stadtteilen: Überall wächst etwas, was kein Blütenstaub mehr verdecken kann.

 Mönchengladbach blüht überall dort, wo sich Menschen engagieren. Zum Beispiel in Sasserath. Dort haben Bürger den Dorfplatz neu gestaltet. Oder in der Altstadt, wo die Nachbarschaft „Osser Plätzken“. einrichtete. Oder man denke an den Spielplatz im Bunten Garten. Die Blüten der Stadt sind ihre Menschen, könnte man also sagen. Aber nicht die einzigen. Auch wirtschaftlich hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan. Dank Unternehmen, die sich zum Beispiel im Nordpark oder im Güdderather Regiopark angesiedelt haben, ist Mönchengladbach wirtschaftlich im Aufschwung. Und nun baut auch noch Amazon in Rheindahlen. Viele Tausend Arbeitsplätze sind in den vergangenen Jahren so entstanden.

Und was den Menschen in dieser Stadt in den kommenden Jahren noch so blüht, das steht schon Schwarz und Weiß auf den vielen, vielen Papieren und Plänen, die es in dieser Stadt so gibt. Im Grunde gibt es ja den Master-Elektro-Luftreinhalte-Mobilitäts-Abteiberg-Intregiertes-Handlungs-Konzept-Alles-Muss-Raus-Superplan (kein Anspruch auf Vollständigkeit).  Es wird gebaut und noch einmal gebaut werden in naher Zukunft. Die Stadt wird sich verändern wie kaum eine andere in den kommenden Jahren. Man darf also erwarten, dass in den kommenden Jahren alles blüht, was nicht bei Drei auf dem Baum ist. Und das ist wahrlich nicht die schlechteste Aussicht. Halt Pohl!

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