Veilchendienstagszug in Mönchengladbach Fröhliches Federvieh feiert friedliches Finale

Mönchengladbach · Bis zu 400.000 bunt Kostümierte waren laut MKV beim Veilchendienstagszug in Gladbachs jeckem Narrennest dabei.

Mönchengladbach: So schön war der Veilchendienstag 2020
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So schön war der Veilchendienstag in Mönchengladbach 2020

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Foto: Bauch, Jana (jaba)

Zugverspätungen sind Bahnfahrer gewohnt. Doch den bis zu 400.000 Zuschauern des Mönchengladbacher Veilchendienstagszuges – so viele könnten es laut MKV-Chef Gert Kartheuser gewesen sein – machte es wenig aus, dass sich der jecke Treck 18 Minuten später als geplant in Bewegung setzte. Ein Krankenwageneinsatz am Beginn des Zugweges musste noch absolviert werden. Dann war die Strecke frei für mehr als 4000 bunte, schräge und lustige Zug-Vögel, von denen sich viele das Motto „Gladbach jeckes Narrennest“ zu eigen gemacht hatten. So viele Störche, Pfauen und Paradiesvögel sind wohl selten in einem Veilchendienstagszug herumgeflattert. Als rollende und marschierende Hühnerhöfe gingen Mitarbeiter der Kliniken Maria Hilf und das Elisabeth-Krankenhaus die Operation Veilchendienstagszug an. Da mutete der Fohlen-Wagen der Borussia schon wie eine zoologische Extravaganz an.

„Mindestens 350.000 Besucher waren dabei, eher 400.000“, sagte Gert Kartheuser nach dem Zoch. Sie starteten bei Sonnenschein am Bismarckplatz. Erst kurz gegen 17 Uhr zogen dicke, finstere Wolken und Regen auf. Das ließ etliche Narren im Sturmschritt das Weite suchen. Die letzten Wagen, ausgerechnet etwa der des Prinzen-Paares Axel I. und Niersius Thorsten, wurden ordentlich nass. Doch die Prinzen hielten wacker durch bis zum Schluss. „Macht nichts, dann sind die Wagen und Uniformen wenigstens sauber“, stichelte Zugleiter Eßer, dem selbst das Regenwasser von der Narrenkappe tropfte.

Doch es gab auch lokalpolitische Sticheleien. Die Holter KG „Immer Lustig“ hatte auf ihrem Wagen größere Gladbacher Geistesblitze gesammelt: „Geroweiher unterkellern“, „Sichtachsen Marktplatz“, „Sven im Halteverbot“, „Wheesy E-Roller“ und „Saudis im JHQ“ waren die Eier, die die Holter im Narrennest entdeckt hatten. Dazu das Zitat: „Der Geistesblitz ist der einzige, auf den ich warte, dass er einschlägt.“ Auch die Stadtgarde um Zugleiter Elmar Eßer schickte einen Motivwagen ins Rennen: Ein Hai der mit weit aufgerissenem Maul einem Traber-Gespann drohte: „Flug-Hai frisst  Trabrennbahn“. Eßer ist auch Vorsitzender des Trabrennvereins, der gegen die durch die EWMG beschlossene Umnutzung der Rennbahn am Flughafen protestierte. Auch die tagesaktuelle Karikatur von Nik Ebert aus der Rheinischen Post fuhr im Zug mit, die den „Brennstoff Hass“, den die Rechten bei „Höcke & Co.“ tankten, karikierte.

Unter den vielen Zuschauern am Straßenrand wurde auch lokale Prominenz gesichtet. Rainer Bonhof guckte den Zug am Geroweiher, ebenso Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners, Propst Albert Damblon an der  Bismarckstraße und der ehemalige Bundestagsabgeordnete  Wolfgang Feinendegen (90) ließ sich das Spektakel in Eicken nicht entgehen. Allen dreien flogen vom Wagen der Rheinischen Post gelbe RP-Quietscheenten entgegen.

Trotz der großen Zuschauerzahl zog Ordnungsdezernent Matthias Engel am frühen Abend eine positive Bilanz des Zuges: „Es war ein riesengroßes friedliches Open-Air-Fest.“ Engel bedankte sich bei den Zuschauern. „Es setzt sich offenbar zunehmend durch, dass die Leute mit Vernunft feiern“, sagte Engel. Viele Zuschauer verzichteten freiwillig darauf, Glasflaschen mit zum Zug zu bringen. Auch die 191 Jugendschutzkontrollen seien verhältnismäßig wenige für ein Fest dieser Größenordnung. Alkoholisiert waren vier Jugendliche. Die Polizei sprach am Abend zwar von fünf Festnahmen unter anderem wegen Drogenbesitzes und Raubes sowie 28 Platzverweisen. Aber auch nach ihrer vorläufigen Einschätzung hielt sich das Geschehen im Rahmen. „An einem Wochenende mit voller Altstadt ist auch nicht viel mehr“, so eine Sprecherin. Einen versuchten Raub gab es am Hauptbahnhof. Zwei Tatverdächtige hatten versucht, einen E-Scooter zu rauben und den Besitzer mit einer Nagelfeile leicht verletzt. Das Opfer meldete sich bei der Bundespolizei. Dort stellten sich dann wenig später auch die Tatverdächtigen den Beamten.

 Wenn Gladbach ein jeckes Narrennest ist, dann ist die Stadt voller gefiederter Freunde: Die Stimmung beim Veilchendienstagszug war fröhlich und ausgelassen.

Wenn Gladbach ein jeckes Narrennest ist, dann ist die Stadt voller gefiederter Freunde: Die Stimmung beim Veilchendienstagszug war fröhlich und ausgelassen.

Foto: Bauch, Jana (jaba)
 Die KG „Immer Lustig“ machte sich über „Sven“, Tiefgaragen-Pläne für den Geroplatz und Saudi-Investoren fürs JHQ lustig.

Die KG „Immer Lustig“ machte sich über „Sven“, Tiefgaragen-Pläne für den Geroplatz und Saudi-Investoren fürs JHQ lustig.

Foto: Andreas Gruhn
 Die Fußgruppen zeigten viele tolle Kostüme.

Die Fußgruppen zeigten viele tolle Kostüme.

Foto: Bauch, Jana (jaba)
 Wie aus dem Ei gepellt ist dieser Paradiesvogel.

Wie aus dem Ei gepellt ist dieser Paradiesvogel.

Foto: Bauch, Jana (jaba)
 Mit diesem Wagen protestierte die Stadtgarde: „Flug-Hai frisst Trabrennbahn“.

Mit diesem Wagen protestierte die Stadtgarde: „Flug-Hai frisst Trabrennbahn“.

Foto: Holger Hintzen
 Und diese Jecke hatte noch einen Vogel unterm Arm dabei.

Und diese Jecke hatte noch einen Vogel unterm Arm dabei.

Foto: Bauch, Jana (jaba)
 Hunderttausende Jecken am Zugweg, Tausende im Zug: Die Innenstadt war zum Veilchendienstagzug voller Menschen.

Hunderttausende Jecken am Zugweg, Tausende im Zug: Die Innenstadt war zum Veilchendienstagzug voller Menschen.

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Vor Zugbeginn war das Ordnungsamt damit beschäftigt gewesen, die Straßen von trotz Halteverbots geparkten Autos zu befreien. Diesmal wurden 72 Fahrzeuge abgeschleppt – fast genauso viele wie im vergangenen Jahr.  Nach Angaben Engels waren rund 350 Kräfte unter anderem von Feuerwehr und Hilfsorganisationen im Einsatz. Fast 80 Mitarbeiter der GEM sammelten rund um den Zug 18,4 Tonnen Müll ein.

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