Mönchengladbach Junge Steinewerferinnen stellen sich

Mönchengladbach · Die Mädchen, die Schottersteine auf fahrende Autos warfen, haben sich bei der Polizei gemeldet. Strafmündig sind die Kinder zwar nicht, das muss aber nicht heißen, dass sie ungeschoren davon kommen. Einer muss den Schaden zahlen.

Das durchschlagene Schiebedach des Skoda.

Das durchschlagene Schiebedach des Skoda.

Foto: Polizei

Sie sind zwölf und 13 Jahre alt. Also strafunmündig. Aber ihr Verhalten wird dennoch Folgen haben. Die beiden Mädchen, die am vergangenen Sonntag von einer Brücke über der L 390 in Neuwerk Schottersteine auf fahrende Autos warfen, haben sich der Polizei gestellt. Sie kamen am Dienstagnachmittag in Begleitung ihrer Eltern zur Polizeiwache und gestanden in ihrer Anhörung die Tat.

Wie die Polizei mitteilte, war den Eltern der Mädchen das Verhalten ihrer Töchter in den vergangenen Tagen aufgefallen. In Gesprächen zu Hause erzählten sie schließlich, was sie am vergangenen Sonntag getan hatten. Am Dienstagnachmittag trafen sich schließlich alle Beteiligten und entschlossen sich, die Polizei zu informieren.

 Von dieser Brücke wurden die Steine geworfen.

Von dieser Brücke wurden die Steine geworfen.

Foto: Hans-Peter Reichartz

Nach den Anhörungen der Kinder bei der Mordkommission "Schotter" unter Leitung der Kriminalhauptkommissarin Nadja Block ergab sich folgendes Bild: Die Mädchen kennen sich aus der Schule. Am Sonntag hatten sie sich zum gemeinsamen Spielen verabredet. Die Eisenbahnbrücke war wohl ein beliebter Aufenthaltsort der Kinder. Die Zwölf- und die 13-Jährige entschlossen sich, als "Mutprobe" Steine von der Brücke zu werfen. Laut Polizei streiten aber beide ab, dass sie vorbeifahrende Fahrzeuge treffen wollten.

Genau das geschah aber. Ein von ihnen geworfener Schotterstein durchschlug das Schiebedach eines Skodas, in dem eine junge Familie aus Süchteln mit ihrem sechs Monate alten Säugling saß. "Wäre der Stein nur eine Hundertstelsekunde eher aufgeschlagen, hätte er die Windschutzscheibe getroffen. Das wäre tödlich gewesen", sagt Polizeisprecher Willy Theveßen. In den 1970er Jahren war es so geschehen. Damals starb eine junge Frau, weil Jugendliche Steine von einer Brücke warfen. Die Täter damals kamen wegen Mordes vor Gericht.

Das wird den Mädchen nicht passieren. Denn erst ab 14 Jahren beginnt die Strafmündigkeit. Aber für die Zwölf- und die 13-Jährige geht das Leben dennoch nicht sofort wieder zur Normalität über.

Die Familie der 13-Jährigen wird schon seit geraumer Zeit vom Jugendamt Mönchengladbach betreut. Sie kam mit ihren Eltern nicht zurecht und war schon mehrfach auf freiwilliger Basis in einer pädagogischen Ambulanz untergebracht. Die Zwölfjährige aus Viersen ist bislang noch nicht auffällig geworden. Beide müssen sich jetzt auf intensive Gespräche mit Mitarbeitern der beiden Jugendämter einstellen. "Wir haben bereits Kontakt zu Viersen aufgenommen", sagt Stadtsprecher Wolfgang Speen. Die 13-Jährige wurde nun erst einmal nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen in einer Jugendpsychiatrie untergebracht. Die Zwölfjährige darf zurück zu ihren Eltern.

Es bleibt aber noch eine Frage: Wer zahlt den entstandenen Schaden? Die Mädchen? "Das ist durchaus möglich. Letztendlich entscheiden das die Gerichte", sagt Horst Pawlik, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute, Bezirk Mittlerer Niederrhein. "Sollte ein Richter feststellen, dass die Eltern ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt haben und dass die Kinder einsichtig genug sind, dass sie die Folgen ihrer Tat abschätzen konnten, wären die Mädchen schadenersatzpflichtig." Und auch wenn die Kinder jetzt noch nicht genug Geld haben, die Schadenersatzpflicht gilt ein Leben lang.

Bei der Polizei hat sich gestern Morgen übrigens eine weitere Geschädigte bei der Mordkommission gemeldet. Auch sie hatte am Sonntagnachmittag zur fraglichen Zeit zwei Mädchen gesehen, die einen Stein von der Brücke warfen. Durch eine Vollbremsung konnte sie den Einschlag des Steines vermeiden.

(RP)
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