Hightech im Gladbacher Bethesda Jeder Patient mit eigenem Bildschirm am Bett
Mönchengladbach · Mit Bildschirmen direkt am Krankenbett kann jeder Patient selbst bestimmen, was er sehen oder hören will. Möglich macht dies die Neusser Firma Clinicall. Sie hat bereits elf Krankenhäuser damit ausgestattet, in Gladbach das Bethesda.
Per Fingerdruck auf einem Bildschirm das gewünschte Fernsehprogramm auswählen, ins Internet gehen oder ein Hörbuch aufrufen, das ist nicht nur zu Hause möglich, sondern auch schon in einigen Krankenhäusern. Patienten können dort direkt am Krankenbett einen Monitor bedienen, ohne sich mit anderen in ihrem Zimmer abstimmen zu müssen. Ärzte und Pflegepersonal können mit dem Gerät außerdem Röntgenbilder aufrufen, Blutdruckwerte oder andere Patientendaten gleich vor Ort eingeben. Möglich machen dies die "Klinik-Infotainment-Systeme" der Neusser Firma Clinicall (ausgesprochen wird sie: "Clinic All").
Kein Streit mehr ums Fernsehprogramm
"Im Kommunikationszeitalter muss man Patienten zugestehen, Fernsehen und Internet individuell zu betreiben. Bislang ist es ja häufig so, dass der lauteste Patient in einem Krankenzimmer die Fernbedienung bekommt", sagt Georg Massion, Vertriebsleiter von Clinicall. "Unsere Geräte haben einen Touchscreen und können bei Bedarf auch mit den Augen oder mit einem Hilfsmittel gesteuert werden." Der Bildschirm habe eine kratzfeste Glasscheibe. "Dadurch lässt sie sich auch gut desinfizieren." Die Bildschirme können entweder per Schwenkarm an der Wand angebracht werden oder in einem dünnen, nachttischähnlichen Rollwagen, der dorthin geschoben werden kann, wo er gebraucht wird.
Im Bethesda-Krankenhaus in Mönchengladbach sind die Geräte, die auf dem Betriebssystem Windows 8 basieren, seit etwa drei Jahren im Einsatz. Etwa 200 der 260 Betten sind bereits mit den Monitoren ausgestattet. "Sie werden sehr gut angenommen", berichtet Verwaltungsleiter Hauke Keim. Weil die Zimmer sehr klein seien, habe man sich für die Schwenkarm-Variante entschieden. "Internet anzubieten, ist heute zeitgemäß. Das sieht man auch bei älteren Menschen." So habe ein 72-jähriger Privatpatient, der zunächst auf einer normalen, aber mit den neuen Geräten ausgestatteten Abteilung untergebracht war, später nicht auf die Privatstation verlegt werden wollen, wo die neuen Bildschirme noch fehlten.
Gebühr von 4,50 Euro pro Tag
"Hätten wir unser Haus selbst mit den Geräten ausstatten wollen, hätten wir 600 000 bis 700 000 Euro investieren müssen", sagt Keim. Diese Investition habe man durch die Zusammenarbeit mit Clinicall umgangen. Denn die Neusser Firma stellt ihre Ausrüstung den Krankenhäusern und Reha-Kliniken — bislang sind es elf Häuser in Deutschland, Österreich, Spanien und der Schweiz mit insgesamt rund 1000 Betten — kostenlos zur Verfügung, nimmt aber von den Patienten eine Nutzungsgebühr von etwa 4,50 Euro am Tag.
"Die Geräte können auch therapeutisch eingesetzt werden, indem dort beispielsweise Filme mit Reha-Gymnastik aufgespielt werden", sagt Georg Massion. Entwickelt werden die Geräte in Neuss. 20 Mitarbeiter sind hier tätig. Die Herstellung erfolgt bei dem Partnerunternehmen Advantech in Taiwan. Der Hildener Firmengründer Frank Remih hatte übrigens schon vor etwa 15 Jahren angefangen, Nachttische zu bauen, in denen Computer versenkt werden können.
Georg Massion und Nadine Kania von Clinicall liefern Imformations- und Unterhaltungselektronik für Krankenhäuser. Patienten bekommen die Geräte direkt am Krankenbett installiert. In Mönchengladbach arbeitet als erstes Krankenhaus das Bethesda mit dieser Technologie.