Mönchengladbach Jakob Kühnhaus: Wie aus der Abtei ein Rathaus wurde

Mönchengladbach · Die Ahnengalerie im Rathaus Abtei reiht beinahe alle Bürgermeister auf. Nur wenige fehlen. Dabei hätte einer der Fehlenden einen ganz besonderen Ehrenplatz verdient. Denn Jakob Kühnhaus, der Mönchengladbach zwischen 1822 und 1844 regierte, ist es überhaupt zu verdanken, dass die Abtei heute ein Rathaus ist.

 Bürgermeister Jakob Kühnhaus.

Bürgermeister Jakob Kühnhaus.

Foto: Stadtarchiv

Der Protestant Kühnhaus, ein besonnener Mann aus dem bergischen Velbert, wurde am 2. März 1822 zum Bürgermeister ernannt. Er traf in einer Zeit ein, in der Mönchengladbach längst nicht das war, was es heute ist. Es war die Zeit, als es noch keine Eisenbahnen gab und die Stadtgrenzen sich noch relativ häufig verschoben. Die Verwaltung war ein Ein-Mann-Betrieb mit Kühnhaus, der seinen Amtssitz in seinem Wohnzimmer hatte.

Er bezog als Jahresgehalt 750 Taler — Vierfache eines Baumwollhandwebers. Außer ihn beschäftigte die Stadt noch einen Polizeidiener und einen Nachtwächter (der auch als Totengräber zuständig war). Die beiden Beigeordneten hingegen arbeiteten quasi ehrenamtlich. Kühnhaus war allerdings nicht nur für Gladbach, sondern auch für die damals eigenständigen Gemeinden Hardt, Obergeburth, Oberniedergeburth und Unterniedergeburth.

Doch die Ansprüche wuchsen. Die Bevölkerung wuchs von knapp 11 000 Einwohner im Jahr 1822 auf rund 16 000 Einwohner zum Ende Kühnhaus' Amtszeit. Es war eben die Zeit der beginnenden Industrialisierung, der der frühere Leinwandfabrikant und -händler Kühnhaus durchaus freundlich entgegensah.

Die Stadt mischte sich wenig in das wirtschaftliche Geschehen ein. Kühnhaus war mehr damit beschäftigt, Gladbach als Ganzes neu zu formen. Bereits im ersten Jahr seiner Amtszeit arbeitete er daran, die noch aus der Franzosenzeit stammenden Katasterpläne neu zu gestalten. Sprich: die Gemeinden neu zu ordnen. Zur Gebietsreform kam es allerdings erst 1836.

Trotz seiner Zurückhaltung machte die Gladbacher Wirtschaft unter Kühnhaus' Ägide bedeutende Schritte nach vorne. 1837 wurde die Handelskammer des Kreises in Gladbach eröffnet. Damit wuchs der Mönchengladbacher Raum aus der Zuständigkeit der Krefelder Kammer, Gladbach wurde eigenständiger. Und 1840 wurde die Appreturanstalt, durch die die Gladbacher Textilien auf dem Markt einen großen Sprung nach vorne machten.

Mit der Zeit wuchs auch die Stadtverwaltung, und damit wurde die Raumnot immer größer. Kühnhaus kam ein einfacher wie räumlich naheliegender Einfall: Warum nicht in die Abtei ziehen, in der sich seit der Franzosenzeit keine Mönche mehr aufhielten, und aus der die anschließende Weberei ebenfalls längst ausgezogen war? Unter großen Bemühungen wurde der Besitzer ausfindig gemacht, 8575 Taler gesammelt für zunächst nur den heutigen Innenhof, später auch den heutigen Brunnenhof. Es war der einzige städtische Kauf oder Neubau eines Gebäudes in den 22 Jahren. Und nicht der schlechteste.

(RP)
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