Mönchengladbach Italienischer Virtuose bringt die Orgel zum Feuerspeien

Mönchengladbach · Schauriges geht in St. Gereon vor sich! Transzendente Klänge wie aus einer Zwischenwelt verkünden meditative Stimmung, koboldhaftes Lachen führt in himmlische Einfalt. Bekanntes aus dem Gotteslob mischt sich mit diabolischen musikalischen Wutausbrüchen. Teufeleien stehen neben frommer Einkehr.

 Paolo Oreni am neuen Spieltisch der Orgel in St. Gereon.

Paolo Oreni am neuen Spieltisch der Orgel in St. Gereon.

Foto: Detlef Ilgner

Organisten, vor allem komponierende, lieben seit jeher dieses provokante Spiel - immer haarscharf an der Grenze zum Sakrileg, wenn es das in der Musik überhaupt gibt. Der Protagonist diesmal ist Paolo Oreni, er improvisiert über zwei zuvor vom Publikum aus dem Gotteslob ausgesuchte Melodien. Besonders beeindruckend wird derart furchtlose Virtuosität natürlich, wenn der Organist, der sich um künstlerischen Ausdruck bemüht, auch den technischen Herausforderungen gerecht wird. Der 1979 in Treviglio bei Bergamo geborene Oreni ist aber ein besonders talentierter Organist. Mit fast übermütiger Leichtigkeit packt er sein Instrument an. In diesem Fall die zwischen 2007 und 2015 umgebaute Orgel von St. Gereon in Giesenkirchen. Sie verfügt jetzt auch über einen neuen Spieltisch, den man zentral mitten ins Kirchenschiff stellte, um dem Publikum auch visuelle Eindrücke von Orenis Virtuosenkunst zu gewähren.

Der noch fast jungfräuliche Spieltisch wurde von dem unter anderem in Luxemburg ausgebildeten Organisten auf Herz und Nieren geprüft. Beginnend mit Bachs Toccata und Fuge BWV 540 in F-Dur über Mozarts nicht weniger beeindruckende Fantasie in f-Moll steuerte Oreni zielsicher Richtung musikalisches Purgatorium: Liszts "Fantasie und Fuge über das Thema B-A-C-H" in einer Bearbeitung von Jean Guillou. Mehr Feuer kann man nur schwerlich aus diesem Instrument entlocken. Oreni, selbst Schüler Guillous, bewies zudem mit der 5. Orgelsinfonie op. 42 von Charles-Marie Widor Freude am vielschichtig-sinfonischen Orgelklang. Dabei nutzte er geschickt die Möglichkeiten der 1972 erbauten Orgel. Fast alles klingt durchsichtig, nur selten etwas gehetzt; aber seine merkliche Freude am virtuosen Auftrumpfen kann Oreni in keinem der Werke verstecken. Vor allem bei seinen deutlich den Odem heutiger Klangvorstellungen atmenden Improvisationen. - Großer Applaus in der sehr gut gefüllten Kirche.

(laki)
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