Mönchengladbach Instrumentenbauer und Jazzmusiker aus Leidenschaft

Mönchengladbach · Manfred Schmelzer baut in Handarbeit Posaunen. In seiner Werkstatt in Wickrath entstehen jährlich rund 30 Blechblasinstrumente. Vor einem knappen Jahr startete der 75-Jährige mit der Bassposaune ein neues Projekt. Schmelzer fertigt nach Methoden, die geheim bleiben.

Mönchengladbach: Instrumentenbauer und Jazzmusiker aus Leidenschaft
Foto: Ilgner Detlef

Während die meisten Menschen seines Alters den Ruhestand genießen, tüftelt Manfred Schmelzer immer noch gerne an neuen Projekten. Das jüngste ist nun die Bassposaune. Zum Thema Rente kann der Instrumentenbauer also nur lachen. "So etwas muss man aus Leidenschaft machen. Sonst ist man fehl am Platz", stellt der 75-Jährige zu seiner Arbeit entschieden fest. Fit und energiegeladen wirkt der hochgewachsene Mann ohnehin. "Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Was kann es denn Schöneres geben?", ergänzt Ehefrau Maria Schmelzer mit sichtbarer Freude an der Leidenschaft und Profession ihres Mannes. Sie lebt mit ihm und seinen Posaunen im Wickrather Gewerbegebiet an der Dieselstraße, ungefähr da, wo diese an die Trompeterallee stößt. Posaunen, einige Hörner und eine Sammlung historischer Trompeten bestimmen das Interieur. An den Wänden hängen Fotos von Jazz-Legenden, die eine "Schmelzer Trombone" besitzen. Ein Bild zeigt den weltbekannten Posaunisten Chris Barber, der zwei Instrumente aus der Wickrather Werkstatt kaufte und mit seinen inzwischen 87 Jahren immer noch spielt. Etwa die Hälfte der Instrumente verkauft Schmelzer in die USA. Erst vor wenigen Wochen stellte er wieder einmal Exemplare seiner Arbeit bei einer internationalen Ausstellung in Kalifornien vor.

 Verliebt ins Detail: Manfred ("Manni") Schmelzer bei der Arbeit an seinen Lieblingen aus vernickeltem Goldmessing.

Verliebt ins Detail: Manfred ("Manni") Schmelzer bei der Arbeit an seinen Lieblingen aus vernickeltem Goldmessing.

Foto: Ilgner Detlef

Schmelzer baut nicht nur Posaunen, er repariert auch alle Blech- und Holzblasinstrumente, wie Saxofon und Klarinette, - und er spielt bis heute mit Begeisterung Jazz. Dabei hatte er früher zunächst in der Computerbranche gearbeitet, doch Musik hat er auch damals schon gemacht. "Das war ein Stressjob. Irgendwann habe ich mir gesagt, mach doch etwas mit Musik. Du hast doch so viele Kontakte", erzählt er. Damals eröffnete er ein Musikgeschäft an der Waldhausener Straße. Dort stellte er eine Trompete, seine Posaunen und eine geliehene Klarinette ins Schaufenster. "So fängt man eben an", rekapituliert er gelassen schmunzelnd, während seine Frau lächelnd ergänzt: "Das war damals lustig, eine schöne Zeit". Zumal "Manni" auch in diversen Jazzbands in und um Mönchengladbach aktiv war und ist.

Manfred Schmelzer hat auf der Suche nach dem idealen Klang immer wieder experimentiert. Um auch in der Reparatur fit zu sein, besuchte der Blechblasinstrumenten-Experte mehrfach Lehrgänge in den USA. Dabei hat er so manche Kuriosität erlebt, etwa, wie eine Calicchio-Trompete im Hähnchengrill lackiert wurde. Er hatte Angebote, in den USA zu bleiben, doch es zog ihn zurück nach Mönchengladbach. Nun zieht es viele Posaunenfreunde hierher, nach Wickrath - aus Schweden, Spanien und anderen Ländern mehr, so zum Beispiel vier Posaunisten des Staatlichen Orchesters in Estland. "Nette Leute" sagen die beiden Schmelzers, die solche Gäste zur Übernachtung im Haus hatten, das nun seit 40 Jahren für sie Wohn- und Werkstatt ist.

 Neben Posaunen baut und repariert der Experte inzwischen auch Saxofone.

Neben Posaunen baut und repariert der Experte inzwischen auch Saxofone.

Foto: Ilgner Detlef

Hier entsteht mittlerweile auch die neue Bassposaune. Den Anstoß dazu gab im vergangenen Jahr eine Ausstellung in Spanien, wo Schmelzer seine Jazz-Tenorzugposaunen vorstellte. "Die haben mich auf dem falschen Fuß erwischt. Es kamen nur Klassiker, die die großen Posaunen mit Ventil haben wollten", erzählt er. Das hat ihn gereizt. Nun baut er Posaunen mit Quint- und Quart-Ventil. Durch den größeren Bogen der Bassposaune ist die Stimmlage erweitert von "B" nach "F" und "Gis". Natürlich hat er auch hier getüftelt, bis er den für seine Instrumente so typischen offenen und warmen Ton fand. Für den besonderen Ton hat Schmelzer ein Patentrezept: nur bestes Material und eine persönliche Spezialität in der Verarbeitung, die seine Handschrift und Geheimnis ist. Im Jahr baut er etwa 30 Posaunen. Die sind vergoldet, versilbert, vernickelt und aus Gold-Messing. Einige wenige Hörner mit sieben Ventilen dokumentieren, dass er vorübergehend auch diese baute - nach dem erworbenen Patent aus dem Nachlass eines Musikprofessors. "Ich bleibe dran. Vielleicht werde ich das später wieder ausbauen", wägt Schmelzer ab.

Er hat ein Saxofon entwickelt, das unter seinem Namen getreu seiner Spezifikation von einer Firma gebaut wird. Die Posaunen sind handgearbeitet. Ein Spezialist für Schallstücke hämmert von Hand auf den von Schmelzer gearbeiteten Konus den Schalltrichter. Nur die Mundstücke werden geliefert. Hier achtet Schmelzer streng darauf, dass diese auf den Musiker und dessen Repertoire abgestimmt werden.

Ein Standardinstrument gibt es bei ihm nicht. Eine Bestellung einfach "blind" verschicken mag er nicht. "Ich frage den Kunden, wofür er das Instrument braucht und welche Musik er damit spielen will", sagt er. - Wenn der Jazzfreund selbst spielt, greift er zu seiner ersten Posaune. Die ist aus Sterling-Silber. "Die muss es sein!", bekennt er.

(anw)
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