Mönchengladbach In vielen Jobs nehmen die Gewaltübergriffe zu

Mönchengladbach · Politessen, die mit Benzin übergossen werden. Stadtmitarbeiter, denen man zu Hause auflauert. Rettungssanitäter, die sich nur noch mit stichsicheren Westen zu Einsätzen trauen. Die Gewalt nimmt überall zu.

Gewalt gegen Jobcenter-Mitarbeiter
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Foto: dpa, Henning Kaiser

Nicht nur in den Notfallaufnahmen der Krankenhäuser nimmt die Zahl der gewalttätigen Übergriffe zu. "Wir beobachten das Phänomen in allen Bereichen", sagt Jano Hillnhütter, Vorsitzender der Deutschen Beamtenbund-Jugend in Nordrhein-Westfalen. Anfang des Jahres hatte der Bund seine Mitglieder zu diesem Thema nach Düsseldorf eingeladen. "Was wir dort von den Beschäftigten zum Thema Gewalt hörten, war haarsträubend erschreckend und alarmierend", berichtet Hillnhütter. Eine Politesse erzählte, wie sie von einem wütenden Autofahrer mit Benzin übergossen wurde. Ein städtischer Mitarbeiter wurde von einem Mann bedroht und bis nach Hause verfolgt. Rettungssanitäter hatten sich aus eigenen Mitteln stichsichere Westen angeschafft, weil sie oft mit Aggressionen und Übergriffen rechnen müssen. Trotzdem wurde ihnen das Tragen des Schutzes untersagt.

Beleidigungen übelster Art, Bedrohungen bis hin zu tätlichen Übergriffen kommen im Jobcenter, beim Zoll, im Klassenzimmer, im Sozialamt und in vielen anderen Jobs vor. Und das nicht nur ab und zu, sondern häufiger. Das weiß die Beamtenbund-Jugend jetzt.

"Bei uns haben die Beschäftigten ausgepackt und ihren ganzen Frust rausgelassen", sagt der Vorsitzende der Beamtenbund-Jugend. Dabei sei auch herausgekommen: Viele Arbeitgeber wollen die Bedrohungen und Übergriffe unter der Decke halten. Die Angestellten wünschten sich, dass die Attacken und Bedrohungen strafrechtlich verfolgt werden. "Aber in der Regel müssen sie dann selbst Anzeige erstatten, was viele scheuen, weil dann ihre persönlichen Daten bekannt werden", sagt Hillnhütter. Abgesehen von der wahrscheinlich sehr hohen Dunkelziffer sei es überhaupt schwierig zu erfahren, wie viele Übergriffe es im Land gibt. Die Beamtenbund-Jugend NRW trat bereits im Frühjahr mit dem Thema an den Innenminister heran. "Bis jetzt haben wir noch nichts gehört", sagt Hillnhütter.

In manchen Bereichen seien zwar mittlerweile Sicherheitssysteme installiert worden. Aber auch die reichten oft nicht oder seien zu kompliziert oder zu lückenhaft. Da gebe es im Jobcenter ein Hausverbot für einen wiederholt randalierenden Mann, der in der nächsten Minute quer durchs Sozialamt marschiert. Da sei die Notruf-Tastenkombination auf dem Desktop vorhanden, die aber erst gedrückt werden könne, wenn alle anderen Anwendungen geschlossen sind. Und wie reagiert der Kollege, wenn er auf dem Computer sieht, dass im Büro nebenan der Alarmknopf gedrückt wurde, er aber nicht weiß, ob da jemand mit Waffe steht?

Die Beamtenbund-Jugend NRW hat in zwei Wochen einen Gesprächstermin mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Das Thema: Die zunehmenden gewalttätigen Übergriffe.

(RP)
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