Mönchengladbach Im Rat: FDP stimmt mit CDU, die Grünen mit AfD und Linken

Mönchengladbach · Ungewöhnliche Bündnisse gab es bei der Ratssitzung. Die Grünen erwiesen sich als sehr flexibel. OB Reiners leitete seine erste Sitzung souverän. Zeitweilig gab es WM-Verbot - weil die Mikros streikten.

 Die neuen Ratsmitglieder posieren auf der Treppe vor dem Rathaus Rheydt für den RP-Fotografen Detlef Ilgner.

Die neuen Ratsmitglieder posieren auf der Treppe vor dem Rathaus Rheydt für den RP-Fotografen Detlef Ilgner.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Von wegen Große Koalitionen sind langweilig: Der Versuch der kleinen Parteien, sich zu teilweise politisch recht gewagten Bündnissen zusammenzuschließen, um die Macht von CDU und SPD zu begrenzen, sorgte gestern im Rat für Abstimmungskrimis und eine Acht-Stunden-Sitzung. Die 69 Ratsmitglieder machten es sich lieber selbst spannend. Die nervenaufreibende Schlussphase des WM-Viertelfinales konnten sie nämlich nicht verfolgen. In der ersten Halbzeit hatten viele während der Sitzung mit einem Auge auf ihre Tablets und Smartphones geschaut. Doch die Live-Übertragungen auf die mobilen Endgeräte legten zeitweilig das WLAN-Netz im Ratssaal lahm. Da auch die Mikrofonanlage über dieses Netz läuft, musste Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners ausgerechnet für die letzten 20 Minuten des WM-Spiels ein Tablet-Verbot verhängen, damit die Mikros wieder funktionierten. Da dürfte sich mancher an den Gottesdienst in der Hauptkirche am Mittag erinnert haben. Dort sangen die Ratsmitglieder gemeinsam "Der Tag ist seiner Höhe nah."

 Erstmals mit Kette: Hans Wilhelm Reiners wurde als OB vereidigt.

Erstmals mit Kette: Hans Wilhelm Reiners wurde als OB vereidigt.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Gewählt wurde gestern unter anderem, wer in den Ausschüssen und Aufsichtsräten sitzt und wer dort den Vorsitz hat. Angesichts von 50 der 69 Ratssätze ist die Antwort eigentlich einfach: CDU und SPD haben in allen denkbaren Gremien immer eine satte Mehrheit. Die Tücke steckt jedoch in den Details. Und die wussten die Grünen besonders geschickt - und auf Kosten der SPD - für sich auszunutzen. Allerdings um den Preis eines gewaltigen Polit-Spagats. In vielen Fragen hatten sie sich vorab mit Linken, Piraten und der Partei verständigt, gemeinsam zu votieren. Den größten Effekt hatte jedoch, dass der einzige Vertreter der AfD mit den Grünen stimmte. Das sicherte der Partei von Karl Sasserath je einen weiteren Sitz im einflussreichen Hauptausschuss, im Bau- und im Schulausschuss. Bei der Besetzung des Aufsichtsrats der Wirtschaftsförderungsgesellschaft stimmten gar Grüne, AfD, Linke, Piraten und Partei zusammen - und sicherten so dem Grünen Georg Weber einen Sitz in dem Gremium. Im ebenfalls wichtigen Finanzausschuss haben nun gar an der Spitze Grüne und Linke gemeinsam das Sagen: Vorsitzende ist die Grüne Ulla Brombeis, ein Stellvertreter ist ihr Parteifreund Dr. Boris Wolkowski, ein anderer der Linke Mario Bocks.

Die FDP, die nach Informationen der RP auch von den Grünen auf eine mögliche Kooperation angesprochen worden war, sortierte sich nach dem Ampel-Experiment hingegen wieder in das bürgerliche Lager ein. Mehrfach stimmten die Liberalen mit der CDU, teilweise auch mit CDU und SPD. Da es zum Teil auf eine einzige Stimme ankam, hatte die CDU ihre Ratsherrn Robert Baues und Martin Heinen aus dem Urlaub zurückbeordert.

Der neue Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners leitete seine erste Sitzung souverän. Auf die Frage des AfD-Mannes Schoutz, wer denn die Sitzordnung festgelegt habe - Schoutz saß in der letzten Reihe neben Dominik Roeseler (Pro NRW) und Manfred Frentzen (NPD) - antwortete der neue Oberbürgermeister schlicht: "Das habe ich so entschieden." Vor der Ratssitzung hatte es eine kleine Demonstration der politischen Jugendorganisationen gegen die beiden Vertreter der rechtsextremen Parteien gegeben.

Bei den Personalentscheidungen gab es keine großen Überraschungen. Michael Schroeren (CDU), Ulrich Elsen (SPD) und Petra Heinen-Dauber (CDU) wurden zu Bürgermeistern gewählt. Ausschussvorsitzende werden unter anderem Horst-Peter Vennen (SPD, Bauen und Planen), Frank Boss (CDU, Sport), Petra Heinen-Dauber (CDU, Schule), Monika Berten (SPD, Soziales) und Martin Heinen (CDU, Umwelt). Norbert Post wird Vorsitzender des Verwaltungsrats der Sparkasse. Horst Peter Vennen leitet den Aufsichtsrat der Entwicklungsgesellschaft. Bei der GEM hat diesen Posten Fred Hendricks. Eine anstehende Personalie wurde vertagt. Die Stelle des Nachfolgers von Dr. Michael Schmitz als Sozialdezernent wird noch nicht ausgeschrieben. Wahrscheinlich wollen CDU und SPD den Zuschnitt dieses und weiterer Dezernate verändern.

(RP)
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