Mönchengladbach Ich ohne Ich

Mönchengladbach · Auf der Bühne steht Adel Tawil von „Ich + Ich“ ohne Annette Humpe – auch im Gladbacher Hockeypark am 22. August. Im RP-Gespräch erzählt er, warum die Live-Show trotzdem funktioniert. Wir verlosen Karten für das Konzert.

Im August spielt Simon wieder ohne Garfunkel. Oder zumindest Adel ohne Annette. Am 22. August gastiert die deutsche Elektropop-Band „Ich + Ich“ im Gladbacher Hockeypark, allerdings ohne die berühmte Songschreiberin Annette Humpe, ehemals Kopf der Band Ideal. Stattdessen wird die zweite Hälfte des Duos, Adel Tawil, auftreten, begleitet von einer riesigen Band.

Großartige Begleitband

Im Gespräch mit der RP erklärt Tawil: „Natürlich ist es besser, mit ihr auf der Bühne zu stehen, aber Annette hat Lampenfieber und tritt nicht gerne auf.“ Angst, den Fans etwas vorzuenthalten, hat Tawil allerdings nicht. „Das funktioniert gut alleine Konzerte zu geben, und die Band ist großartig.“

In seiner ersten Karriere hat sich Tawil, Kind arabischer Einwanderer, die Aufmerksamkeit immer teilen müssen. Ende der 90er war er Mitglied der rappenden Boygroup The Boyz und nannte sich Kane. Die Band hatte einen Top-10-Hit, verschwand dann aber wieder in der Versenkung. Tawil hörte auf zu singen und arbeitete verstärkt als Produzent, Hip Hop ist bis heute seine große Leidenschaft, auch wenn er nichts gegen eine gute Country-Platte hat.

Dann traf er Annette Humpe in einem Tonstudio in Berlin. Sie hatte einen Song geschrieben, den er produzieren sollte. Humpe wurde auf seine Stimme aufmerksam. „Ich kannte natürlich Ideal, aber nicht Annette“, sagt Tawil. Er begriff: Seine Stimme bietet sich eher zum Singen als zum Rappen an. Dabei hatte er sich gar nicht mehr als Sänger gesehen. Der Rest ist Geschichte. Das Debütalbum von „Ich + Ich“ tauchte wie über Nacht auf, stieg in die Top 10 ein, der Nachfolger „Vom selben Stern“ schaffte es auf Platz 2. Die deutschen Text mit eingängiger, elektronischer Popmusik funktionierten, vielleicht auch, weil Humpes Schwester Inga mit ihrem Projekt „2raumwohnung“ den Boden dafür bereitet hatte.

So richtig kann sich Adel Tawil den großen Erfolg von „Ich + Ich“ allerdings noch nicht erklären. „Damit war nicht zu rechnen“, sagt er, sie seien ja schließlich eine sehr textlastige Band. „Annette nennt das immer Musik für Verzweifelte“, erklärt Tawil. Er genießt den Zuspruch der Fans: „Ich freue mich, dass die Leute unsere Platten hören.“

Die Rollenverteilung bei „Ich + Ich“ ist klar. Während Annette die Texte schreibt, übernimmt Tawil den Gesang. Ein Problem hat er damit nicht: „Ich habe sofort einen Zugang zu den Texten, die haben so eine Grundehrlichkeit.“ Manchmal kann auch Adel Tawil da noch etwas lernen. Der Song „Junk“ vom aktuellen Album stellt die Konsumgesellschaft in Frage. „Ich bin selbst immer einer, der die neuesten Turnschuhe haben will. Der Song hat mir die Augen geöffnet.“ Jetzt aber habe er sich immerhin ein wenig gebessert.

Melancholisch und düster

Die Musik schreiben sie zusammen, wobei Tawil für die Beats verantwortlich ist. „Wir achten mehr auf Inhalt als auf Form“, sagt er. Melancholisch und düster soll sie sein, sagt er, „aber immer mit einem Hoffnungsschimmer. Keine Nummer ist so, dass man sich danach den Strick nehmen will.“ Die Alben sollen einen an die Hand nehmen. Trotzdem hat Tawil mal eine herzzerreißende Geschichte erlebt: Bei einem Konzert sang er den Song „Trösten“. „Und da sehe ich, wie in der Ecke eine Frau weint.“

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort