Interview mit Nicole Finger (FDP) "Ich bin für bürgerliche Bündnisse"

Mönchengladbach · Nicole Finger, Spitzenkandidatin der FDP bei der Kommunalwahl, über vergangene und kommende Bündnisse, die drängendsten Probleme in der Kommunalpolitik und die Zukunft der GEM. Finger kritisiert Mängel in der Stadtverwaltung.

 Nicole Finger soll die neue FDP-Fraktion im Rat führen. Bei der Kommunalwahl im Mai 2014 tritt sie außerdem als Oberbürgermeister-Kandidatin der Liberalen an. Sie strebt ein bürgerliches Bündnis an.

Nicole Finger soll die neue FDP-Fraktion im Rat führen. Bei der Kommunalwahl im Mai 2014 tritt sie außerdem als Oberbürgermeister-Kandidatin der Liberalen an. Sie strebt ein bürgerliches Bündnis an.

Foto: Detlef Ilgner

Frau Finger, Sie lösen Anno Jansen-Winkeln an der Spitze der Mönchengladbacher FDP ab und treten damit ein weiteres Mal in die erste Reihe. Warum wieder dieser Schritt ganz nach vorn?

Interview mit Nicole Finger (FDP): "Ich bin für bürgerliche Bündnisse"
Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Finger Ich habe mit meinem Sohn die Erfahrung gemacht, dass ein Baby die Welt ganz schön auf den Kopf stellt und hatte mich deshalb ein wenig aus der Politik zugezogen, als meine Tochter geboren wurde. Jetzt sind meine Kinder drei und fünf Jahre alt und die Dinge haben sich normalisiert. Deshalb habe gern übernommen, als Anno Jansen-Winkeln signalisierte, nicht mehr zur Verfügung zu stehen.

Die FDP hat in Mönchengladbach in den vergangenen Jahren eine Ampel mit SPD und Grünen gebildet. Mit welchen Gefühlen blicken Sie darauf zurück?

Finger Es gab gute Gründe für die Ampel. Ich hätte zwar auch damals ein bürgerliches Bündnis vorgezogen, aber das scheiterte an der Freien Wählergemeinschaft. Die FWG wollte keine inhaltlichen Festlegungen. Deshalb sind die Sondierungsgespräche schnell eingestellt worden. Als Ampel haben wir dann ja auch Erfolge erzielt und Pflöcke eingeschlagen. Der Beitritt zum Stärkungspakt gehört dazu, aber auch mfi und die Arcaden.

Hat die Gründung der sechsten Gesamtschule, der Sie zugestimmt haben, nicht weh getan? Wie sehen Sie als Schulpolitikerin die Zukunft der Schulen in Mönchengladbach?

Finger Es gab einen starken Elternwillen für eine weitere Gesamtschule und das funktionierende System der Gymnasien, Real- und Hauptschulen wurde in seiner Gesamtheit nicht gefährdet. Deshalb hat mir die Entscheidung gar nicht weh getan. Wenn ich früher von den tatsächlichen Kosten gewusst hätte, hätte ich vielleicht anders entschieden, aber die geschätzten Kosten wurden damals von niemandem in Frage gestellt.

In der Zukunft sehe ich die Gymnasien als festen Bestandteil der Schullandschaft. Einzelne Haupt- und Realschulen könnten zu Sekundarschulen zusammen gelegt werden, aber darüber entscheidet die Nachfrage. Die Inklusion bewegt mich sehr. Hier wünsche ich mir mehr Qualität und weniger Tempo. Das Land macht einen schlechten Job, der Prozess wird völlig planlos vorangetrieben. Inklusion baut Vorurteile ab, aber nur, wenn sie gut gemacht ist. Wenn Kinder mit Defiziten in Regelschulen gesteckt werden, die auf sie nicht vorbereitet sind, entstehen neue Vorurteile und Probleme.

Ist die Ampel in Mönchengladbach wirklich am Bau der neuen Stadtbibliothek gescheitert?

Finger Nein, ich denke, sie ist zerbrochen, weil die Gemeinsamkeiten aufgebraucht waren. In der Verkehrsfrage beispielsweise gibt es große Differenzen zwischen der FDP und den Grünen. Die Grünen sind partout gegen jede neue Straße. Wir dagegen wollen, dass der Verkehr fließt und dadurch die Belastung für die Bürger verringert wird.

Welche Bündnismöglichkeiten sehen Sie für die Zukunft im Mönchengladbacher Rat?

Finger Ich bin für bürgerliche Bündnisse. Wir haben jetzt beim Haushalt mit CDU und FWG konstruktiv zusammengearbeitet, das ist auch für die Zukunft denkbar. Mit der erneuerten CDU und Hans Peter Schlegelmilch würde ich persönlich nach der Kommunalwahl gerne mal die Lage sondieren. In der FWG kann ich noch nicht klar erkennen, wie sie sich aufstellen wird. Vieles hängt an den handelnden Personen.

Es gibt leichtere Zeiten, um für die FPD Wahlkampf zu machen. Haben Sie Sorge, dass die Partei nach der Wahl nicht mehr relevant ist?

Finger Ich bin sicher, dass die FDP wieder mit Fraktionsstärke in den Rat einzieht. Damit bleibt sie relevant, auch falls wir in der Opposition landen sollten. Ich komme übrigens auch mit der jetzigen Situation, in der es keine Bündnisse gibt, gut klar. Man muss dann tiefer in die Sache einsteigen. Es wird um Sachfragen gerungen.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drängendsten Probleme, die es in der Stadt gibt?

Finger Die Verkehrsproblematik muss gelöst werden. Durch die Arcaden wird das Problem in Zukunft noch verschärft. Wir müssen klären, wo der Verkehr fließen soll. Leute, die ihr Geld in Mönchengladbach ausgeben wollen, müssen schließlich vernünftig in die Stadt kommen. Die Unternehmen müssen für Lkw-Verkehr erreichbar bleiben. Und wir brauchen neue Gewerbeflächen. Der Aufschwung der Stadt, der überall spürbar ist, lockt neue Unternehmen an. Das müssen wir nutzen.

Sie sind OB-Kandidatin. Wenn Sie Oberbürgermeisterin wären, was würden Sie ändern?

Finger Ich würde einen klaren Schwerpunkt im Amt setzen. Norbert Bude vollführt einen recht ausgeglichenen Spagat zwischen Leitung der Verwaltung und Repräsentation. Ich würde beim Repräsentieren weniger in die Fläche gehen. Stattdessen würde ich mehr auf Gespräche mit der Verwaltung und auf Motivation der Mitarbeiter setzen. Viele leistungswillige Mitarbeiter fühlen sich nicht unterstützt, ein Geist des Miteinander-Anpackens fehlt. In der Verwaltung müssen außerdem Prioritäten gesetzt werden. Bauordnung und Bauplanung müssen umorganisiert und gestärkt werden, um durchlässig zu sein und den Aufschwung nicht zu gefährden.

Sie sind mit dem Unternehmen Drekopf selbst in der Entsorgungsbranche tätig. Wie stehen Sie zur vollständigen Übernahme der GEM durch die Stadt? Sie selbst hatten im vergangenen Jahr angedeutet, dass sich Drekopf im Falle einer Ausschreibung um die kommunale Müllentsorgung bewerben würde. Bei den Beratungen haben Sie sich seither immer befangen erklärt.

Finger Das werde ich als Ratsmitglied auch weiterhin tun. Als Geschäftsführerin von Drekopf kann ich mit der Re-Kommunalisierung der GEM gut leben. Ich würde mir nur wünschen, dass die Verhandlungen zeitlich straffer geführt und bald erfolgreich angeschlossen würde - gerade im Hinblick auf die verständliche Unruhe in der Belegschaft. Wenn es jedoch zu einer europaweiten Ausschreibung käme, würden wir uns beteiligen. Ein anderer privatwirtschaftlicher Entsorger, der auf Basis des kommunalen Auftrags in die Stadt käme, könnte uns im heimischen Markt schnell gefährlich werden.

GABI PETERS, ANGELA RIETDORF UND RALF JÜNGERMANN FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(RP)
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