Mönchengladbach Horst berauscht die Generationen

Mönchengladbach · Mehr als 10 500 Menschen pilgerten gestern zum Platz der Republik. Insgesamt 16 000 Besucher feierten beim Horst-Festival. Über 40 Konzerte sahen die Musikfans an drei Tagen. Unumstrittener Höhepunkt: die Auftritte der Chart-Stürmer Kraftklub und Cro. Ganz nebenbei organisierte das Horst-Team die größte Semesterabschlussparty der Stadt.

Horst-Festival hat Gladbach im Griff
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Horst-Festival hat Gladbach im Griff

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Der typische Besucher des Horst-Festivals ist etwa 16 Jahre alt, fährt Skateboard und hört laute Musik. Oder ist es vielleicht doch eher die Modedesign-Studentin, die dem Poetry-Slam lauscht? Oder aber Anhänger der Band Mad Sin, die deren Anfänge in den 80er Jahren bereits miterlebten? Fakt ist: All das ist typisch für das Horst-Festival in Mönchengladbach. Die Mischung macht's. So auch in diesem Jahr.

"Mönchengladbach kann mehr als rot-braune Ziegelbauten und breite Straßen. Das Horst ist der Beweis dafür", sagt SPD Bezirksvorsteher-Nord Reinhold Schiffers, während er im strömenden Regen der Live-Musik zuhört. Als Zeichen seiner Unterstützung trägt er unter der leuchtend orangen Regenjacke ein T-Shirt mit dem Horst-Logo. Auch Hockeypark-Geschäftsführer Michael Hilgers zählt zu den ersten Gästen am Freitagabend. "Dieses Festival ist super für die Stadt", sagt Hilgers und nippt an seinem Bier. "Ich habe es den Veranstaltern schon angeboten: Wir würden sie im Hockeypark mit offenen Armen empfangen, wenn die Stadt ihnen mal keinen Platz anbieten kann."

Trotz des durchwachsenen Wetters treibt es Samstag 3500 Leute zum Platz der Republik. Am Sonntag herrscht dann der völlige Ausnahmezustand. Für den Abend sind der Rapper Cro und die Band Kraftklub angekündigt. Die Tageskasse öffnet um 12 Uhr, doch bereits eine dreiviertel Stunde später bittet das Team auf seiner Facebook-Seite, nicht mehr anzureisen. Es schreibt: "Es tut uns leid, am Liebsten würden wir Euch alle mit uns feiern lassen, aber da machen uns unsere Sicherheitsauflagen einen Strich durch die Rechnung." Das Horst-Festival ist restlos ausverkauft. "Wir haben zwei Stunden angestanden und gerade noch so Karten bekommen", sagt Lissy Beckhoff (20), die mit ihren Freundinnen schon früh zum Platz der Republik gefahren ist. "Jetzt freuen wir uns umso mehr auf den Tag auf dem Festival-Gelände." Wer an den drei Tagen den Sprung nach innen geschafft hat, kann nicht nur zu Konzerten gehen, sondern im Kulturzelt sehen, was Gladbach sonst noch so zu bieten hat. Da ist zum Beispiel Madame Moustaches textiles Schauspiel. Studentinnen des Fachbereichs Textil und Bekleidung der Hochschule Niederrhein präsentieren eine Modenschau. "Die Kleidung wurde mit dem Gedanken der Nachhaltigkeit entworfen", sagt Julia Striebel, die die Modenschau leitet. "Eine Studentin hat beispielsweise ein Oberteil entworfen, bei dem kein Verschnitt entsteht, also nichts weggeworfen werden muss." Richtige Festivalstimmung bringt auch Radio Eicken in das Kulturzelt. Hier kocht Mark Gorzolka mit den typischen Festivalutensilien — Gaskocher und Campingkochtöpfe — ein Fünf-Gänge-Menu. Dass man aus abgestandenem Bier, zerdrückten Keksen und einer alten Banane doch noch etwas Schmackhaftes zaubern kann, beweist abermals die Kreativität, die das Horst-Festival in Mönchengladbach bündelt. "Eigentlich bin ich kein Freund von Leuchtturm-Projekten", erzählt der Künstler und Radio Eicken-Gründer Norbert Krause. "Aber toll an dem Festival ist, dass die Organisatoren das ganze Jahr über Projekte realisieren, die in die Stadt hineinreichen."

Ganz nebenbei schaffte es das Team um den Vorsitzenden des Horst-Vereins, Oliver Leonards, die bislang größte Semesterabschlussparty der Stadt zu organisieren: Knapp 2000 Menschen feierten bis in den frühen Samstagmorgen in der Kaiser-Friedrich-Halle. "Es war eine wunderbare Nacht", schwärmt Yann Rösner vom Horst-Team am späten Nachmittag des zweiten Festival-Tages.

Für einen spontanen Besuch am Samstag entschied sich Peggy van der Willigen. "Ich wohne nur wenige Minuten entfernt — die Musik hat mich angelockt. Der große Erfolg gibt dem Festival recht, nächstes Jahr komme ich auf jeden Fall wieder", erzählt die 61-Jährige. Länger geplant war der Besuch dagegen schon von Ari Bohn (29), die von Heinsberg nach Mönchengladbach gekommen ist: "Ich bin für Mad Sin hier, die Band ist für mich der Höhepunkt des Festivals."

Zurück zu Cro: Als der Musiker am Sonntag gegen 19 Uhr sein Konzert beginnt, ist der Platz der Republik restlos gefüllt. Sein Markenzeichen ist die Pandamaske — einige Fans haben sich im Internet selbst Masken ausgedruckt und zum Konzert aufgezogen. Hinter den Absperrungen hoffen einige Leute, die keine Eintrittskarte mehr bekommen haben, doch noch einige Töne zu erhaschen. Als Cro sein neues Lied "Du" singt, scheint während der Zeile "Und Baby glaub mir, das Beste bist Du" beim weiblichen Publikum kollektiv für einen Moment der Herzschlag auszusetzen. Als wäre das schon nicht genug, bringt anschließend die Band Kraftklub die Masse zum Kochen: Es wird getanzt, gefeiert und gesprungen, was der Platz der Republik hergibt. Bei beiden Künstlern hat das Horst-Team einen guten Riecher bewiesen. Die Buchung fand kurz vor dem Durchbruch des Hip-Hop-Pop-Künstlers und der Indie-Rockband statt. Cro verbreitete seine Musik über das Internet und ist heute in aller Munde. Das erste Kraftklub Album "Mit K" stand zwischenzeitlich auf Platz eins der deutschen Album-Charts.

Mit der gelungenen Mischung aus Kultur und verschiedenen Musikstilen faszinierte das Horst-Festival auch bei seiner vierten Auflage. Selbst Sonntagabend war noch lange nicht Schluss: In einem Klub in der Altstadt ließen die Horst-Jünger das Festival bis spät in die Nacht ausklingen. Mancher dürfte sich schon auf nächstes Jahr gefreut haben — wenn Horst wieder ruft.

(ansc)
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