Diskussion an der Hochschule Niederrhein Corona-Krise: Indonesische Näherinnen leiden unter Folgen

Mönchengladbach · In einer Videokonferenz der Hochschule Niederrhein berichtet ein indonesischer Gewerkschafter über die Auswirkungen der Corona-Krise. Der Preisdruck europäischer Abnehmer werde an die Näherinnen weitergereicht.

 Teilnehmer der Video-Konferenz der Hochschule Niederrhein über die Lage von Näherinnen für die Textil-Industrie.

Teilnehmer der Video-Konferenz der Hochschule Niederrhein über die Lage von Näherinnen für die Textil-Industrie.

Foto: Angela Rietdorf

Corona bringt es ans Licht. „Durch die Krise zeigen sich die unfairen Handelspraktiken und die nicht nachhaltigen Geschäftsmodelle der Textilindustrie ganz besonders deutlich“, sagt Johannes Norpoth von der Menschenrechtsorganisation Femnet. Der Jurist ist einer der Teilnehmer an der Online-Veranstaltung des Kompetenzzentrums Ethik und Nachhaltigkeit am Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik der Hochschule Niederrhein. Er kann mit Zahlen belegen, was die Situation in Indonesien mit der in Deutschland und Europa zu tun hat. „Die Verträge mit den Herstellern wurden jetzt in der Krise nachverhandelt“, zitiert er einen Zeitungsbericht. „Die Last von 3,7 Milliarden Dollar wurde so verschoben.“ Handel und Verbraucher in Europa und den USA profitieren, Näherinnen in Indonesien, Bangladesch oder Indien zahlen letztendlich den Preis.

Von deren Situation berichtet der indonesische Gewerkschafter Andriko Otang. Er arbeitet für das Trade Union Rights Center, eine Nichtregierungsorganisation in Indonesien, die sich für faire Löhne, Sicherheit am Arbeitsplatz und ein Krankenversicherungssystem einsetzt. Gemessen an der Einwohnerzahl hat Indonesien mit 62.000 Infizierten und 3000 Toten bisher niedrige Corona-Zahlen zu verzeichnen. Die Folgen der Krise sind aber umso dramatischer: Millionen von Textilarbeitern, in erster Linie Frauen, wurden entlassen und nach Hause geschickt, weil die Nachfrage eingebrochen ist. Die Unsicherheit der Lage werde ausgenutzt, um die ohnehin niedrigen Löhne zu drücken und Gewerkschaften einzuschüchtern. Der Preisdruck der europäischen Abnehmer werde so an die Näherinnen weitergegeben. Indonesien hat aber immerhin ein Programm aufgelegt, das Bedürftige mit 40 Dollar im Monat unterstützte, jetzt allerdings ausläuft. In Bangladesch beispielsweise, das ebenfalls eine große Textilindustrie hat, ist die Lage noch schlimmer. „Die Arbeiterinnen und Arbeiter dort leiden Hunger“, sagt Johannes Norpoth von Femnet. „Die Krise, die zu einem Auftragseinbruch geführt hat, trifft vor allem die marginalisierten Gruppen: Frauen, Migranten, Arbeiter ohne festen Vertrag, Heimarbeiter.“ Gleichzeitig verschlechterten sich überall die Arbeitsbedingungen.

Aus all dem müssten Konsequenzen gezogen werden, fordert Norpoth. „Wir brauchen faire Einkaufspraktiken, einen Dialog zwischen den großen Marken, den Lieferanten und den Gewerkschaften vor Ort und die Schaffung eines robusten Systems sozialer Sicherungen in den entsprechenden Ländern“, sagt er und verweist auf die Kampagne für Saubere Kleidung und die Petition für ein Lieferkettengesetz, das die Voraussetzungen für wirksamen Umweltschutz und die Achtung der Menschenrechte durch Unternehmen im Ausland schafft.

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