Serie Denkanstoss Himmelfahrt - Anlass zum Trinken?

Mönchengladbach · Wolken und Himmel sind seit der Aufklärung kein Rückzugsort mehr für Gott. Aber es braucht gar nicht viel, um eine andere, immer noch und immer wieder aktuelle Perspektive auf die Himmelfahrt zu finden.

 Christi Himmelfahrt ist Vatertag, und am Vatertag wird gerne Bier getrunken.

Christi Himmelfahrt ist Vatertag, und am Vatertag wird gerne Bier getrunken.

Foto: Busch, Franz-Heinrich jun.

"Ein verklingendes Fest" hat jemand den Feiertag "Christi Himmelfahrt" schon genannt. In der Tat - wir tun uns schwer damit. Wenig Resonanzraum findet die Vorstellung einer "Auffahrt zum Himmel" in uns. Wie soll das gehen? Was soll das? So fragen nicht nur meine Konfirmanden. Umso leichter wird der Tag gerne zum "Vatertag" erklärt, als gäbe es nicht schon genügend Anlässe zum (Alkohol-)Konsum. Wie gestalten Sie den Feiertag?

Wolken und Himmel sind seit der Aufklärung kein Rückzugsort mehr für Gott. Aber es braucht gar nicht viel, um eine andere und immer noch und immer wieder aktuelle Perspektive auf die Himmelfahrt Jesu Christi zu finden: Dieser Himmel ist nämlich gar kein Ort über den Wolken, sondern ein Bild für den Machtbereich Gottes. Es ist eine Besonderheit des Evangelisten Lukas, dass er den auferweckten Christus nach den Erscheinungen bei seinen Jüngern noch einmal ausdrücklich verschwinden und in diesen Machtbereich Gottes "emporsteigen" lässt. Und es war Martin Luther, der daraus einen wundervollen Schluss zog: Durch die Himmelfahrt ist der auferweckte Christus nicht nur denen nah, denen er erschien, sondern allen Menschen. Weil Christus im Himmel ist, ist er uns allen nah! Nur durch den Aufstieg in die Macht Gottes kann er uns allen nahe sein, können wir überall Zugang zu ihm finden. So ist das mit dem christlichen Glauben und mit dem Evangelium: Wir dürfen auf Gottes Nähe vertrauen und verfügen doch nicht über seine Gegenwart. Das mag man bedauern, aber Gott ist in Christus "höher" als alle Dinge um uns herum. Wir kennen diese Art von Zugang ja auch sonst: Wenn wir im Theater sitzen, wenn wir im Museum Kunst betrachten, wenn wir im Konzert Musik hören, ein Buch lesen oder einen Film schauen: Auch dort bekommen wir einen Zugang zu einem Thema, eine Perspektive auf das Leben und wissen doch auch, dass das Leben noch viel größer ist. Wir verstehen etwas mehr vom Leben, wenn wir entdecken und deuten, aber wir haben das Leben nie in der Tasche. Diese Art des Zugangs haben christlicher Glaube und die Kultur gemeinsam. Wenn wir glauben, dass der auferweckte Christus "im Himmel", im Machtbereich Gottes ist, dann können wir auch darauf vertrauen, dass das himmelschreiende Unrecht, das wir auf Erden beklagen, nicht einfach in den unendlichen Weiten des Weltalls verhallt, sondern Gehör findet bei Christus, der sich erbarmen möge, und der uns in Verantwortung ruft, für Gerechtigkeit und Frieden einzutreten. Dann können wir manchmal sogar himmlische Momente erleben, wenn die Liebe strahlt und Menschen Geborgenheit, Trost und Hilfe finden und Gottes Zuwendung erleben.

Ob so der Klang des Himmelfahrtstages doch noch einmal lauter und weiter tönen kann?

Bei Lukas jedenfalls spüren die Jünger den Segen, mit dem sie nach der Himmelfahrt Christi in ihren Alltag nach Jerusalem "mit großer Freude" zurückkehren. (Lk 24, 52)

Diesen Segen für Ihren Alltag und diese Freude für das Leben wünsche ich auch Ihnen!

DER AUTOR IST PFARRER DER EVANGELISCHEN HAUPTKIRCHE RHEYDT.

(RP)
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